Weihnachts- und Urlaubsgeld auf Mindestlohn anrechenbar

Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (BAG, Urteil vom 25. Mai 2016, Aktenzeichen 5 AZR 135/16).

Der Fall

Die Klägerin ist eine 52-jährige Beschäftigte der Cafeteria des Klinikums Brandenburg / Havel. Die Cafeteria wurde von der Klinik ausgegründet und zu einer nicht tarifgebundenen Tochtergesellschaft, der Service Center GmbH (KSC) mit insgesamt 355 Beschäftigten, überführt. Die Klägerin arbeitet in Vollzeit und bekommt dafür ein Entgelt von 1.391 Euro. Das entspricht einem Stundenlohn von etwa 8 Euro. Mit der Einführung des Mindestlohns hatte sich die Klägerin erhofft, durch Anhebung ihres Stundenlohns auf 8,50 Euro 81 Euro mehr im Monat zu verdienen, was einem Monatsentgelt von 1.473 Euro entspräche. Im Dezember 2014 – vor Einführung des Mindestlohngesetzes – schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen. Seit Januar 2015 zahlt die Beklagte der Klägerin allmonatlich neben dem Bruttoentgelt in Höhe von 1.391,36 Euro je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds, in der Summe 1.507,30 Euro brutto. Nach Auffassung der Beklagten seien dadurch die Lohnvorgaben des Mindestlohngesetzes erfüllt, obwohl in der Jahresbetrachtung die Entgeltzahlung gleich blieb. Die Klägerin vertritt demgegenüber die Ansicht, dass ihr Monatsentgelt und die Jahressonderzahlungen ebenso wie alle vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro bezahlt werden müssten.

Die Entscheidung

Die Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die Klägerin hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf ein erhöhtes Monatsentgelt, erhöhte Jahressonderzahlungen oder erhöhte Lohnzuschläge. Der Mindestlohnanspruch der Klägerin, welcher nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden berechnet wird, ist damit erfüllt. Nach Auffassung der BAG-Richter sei entscheidend, dass die Jahressonderzahlungen vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Monat zu 1/12 ausbezahlt wurden. Damit ist gemeint, dass die Zahlungen nicht davon abhängen, ob der Angestellte tatsächlich in den Urlaub fährt oder wie viele Monate des Jahres jemand bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist.

Das Fazit

Im ersten höchstrichterlichen Urteil zum Mindestlohngesetz hat das BAG eine Entscheidung getroffen, die aus Arbeitnehmersicht nicht erfreulich ist. Das BAG schafft damit allerdings etwas mehr Rechtsklarheit an einem erkennbar offengelassenen Punkt im Mindestlohngesetz. Die fehlende Regelung der Frage, welche Entgeltbestandteile zur Erfüllung des Mindestlohnanspruchs herangezogen werden können, eröffnet nach diesem Urteil nun die Möglichkeit einer Aufweichung des Mindestlohngesetzes für Arbeitgeber. Die Anrechnung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurde nun als gesetzeskonform bestätigt. Der Gesetzgeber hat es bei der Einführung des Gesetzes im Jahr 2015 verpasst, den Mindestlohn im Gesetz so zu definieren, dass Lohndumping der Vergangenheit angehört.

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