Verschlechternde Betriebsvereinbarungen

Das Bundesarbeitsgericht hatte die Frage zu entscheiden, ob Betriebsvereinbarungen gekündigt und durch eine für die Arbeitnehmer ungünstigere neue Betriebsvereinbarung abgelöst werden können.

Dem Fall lag eine Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1985 über eine erweiterte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle zugrunde. Danach wurde Mitarbeitern mit einer Beschäftigungszeit von mehr als fünf Jahren das Arbeitsentgelt bei Arbeitsunfähigkeit für insgesamt 26 Wochen weitergezahlt. Daran schloss sich je nach Beschäftigungsdauer ein Zeitraum von bis zu 52 Wochen an, in dem ein Zuschuss zum Krankengeld gezahlt wurde. Diese Betriebsvereinbarung hatte der Gesamtbetriebsrat mit Wirkung vom 1. Juli 1997 geändert. Nunmehr wurde die Vergütung im Krankheitsfalle auch bei längerer Betriebszugehörigkeit nur mehr für die Dauer von sechs Wochen weitergezahlt. Es schließt sich ein Zeitraum von bis zu 72 Wochen an, in dem ein Zuschuss zum Krankengeld gezahlt wird.

Privat krankenversicherten Angestellten wurde die Hälfte des Mehrbetrags des jetzt höheren Versicherungsbeitrages zusätzlich erstattet. Die Arbeitnehmerin, die zur Anpassung ihrer privaten Krankenversicherung an die neuen Bedingungen 100 Mark monatlich mehr zahlen muss, sieht in der Änderung der Allgemeinen Arbeitsbedingungen einen unzulässigen Eingriff in den erworbenen Besitzstand und hatte die Feststellung beantragt, dass ihr im Krankheitsfall Ansprüche nach den günstigeren Bedingungen von 1985 zustehen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Auch die Revision der Arbeitnehmerin beim BAG hatte keinen Erfolg. Im Verhältnis von gleichrangigen Normen (Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge, Gesetze) untereinander gilt grundsätzlich die Zeitkollisionsregel: Die jüngere Norm löst die ältere ab. Grenzen ergeben sich aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip in Form des Verhältnismäßigkeitsgebots und des Vertrauensschutzes. Nach Auffassung des BAG sind diese Grenzen aber nicht verletzt worden. Die Änderung der Allgemeinen Arbeitsbedingungen hat nicht in einen eigentumsähnlichen Besitzstand der Klägerin eingegriffen. Eine Gleichstellung mit der betrieblichen Altersversorgung ist nicht gerechtfertigt. Die Klägerin durfte nicht darauf vertrauen, dass die Regelungen über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht zu ihren Ungunsten verändert würden. Die mit dem Ausgleich der Verschlechterung verbundene höhere Belastung durch private Krankenversicherungsbeiträge ist nicht unverhältnismäßig.

(BAG, Urteil vom 15. November 2000 - 5 AZR 310/99)

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