Mitteilung von krankheitsbedingter Abwesenheit über Arbeitskollegen

Ein im Nicht-EU-Ausland ausgestellter Krankenschein hat grundsätzlich den gleichen Beweiswert wie eine deutsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Doch auch hier kann die Gesamtschau der Umstände den Beweiswert anzweifeln lassen (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 5. Januar 2025, Aktenzeichen 5 AZR 284/24).

Der Fall

Der Kläger ist seit 2002 als Lagerarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. In den Jahren 2017, 2019 und 2020 reichte er jeweils unmittelbar vor oder nach seinem Urlaub Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Beklagten ein. Vom 22. August bis zum 9. September 2022 verbrachte der Kläger seinen Urlaub in Tunesien. Am 7. September 2022 informierte er die Beklagte per E-Mail über seine bis zum 30. September 2022 andauernde Arbeitsunfähigkeit und legte ein ärztliches Attest eines tunesischen Arztes in französischer Sprache vor. Darin wurde attestiert, dass der Kläger eine strikte häusliche Ruhe von 24 Tagen einzuhalten habe und ihm Reisen untersagt seien. Am 8. September 2022, einen Tag nach der ärztlichen Untersuchung, buchte der Kläger ein Fährticket für den 29. September 2022 und trat an diesem Tag mit seinem Pkw die Rückreise nach Deutschland an. Nach seiner Rückkehr legte er der Beklagten am 4. Oktober 2022 eine deutsche Erstbescheinigung vor, die eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 8. Oktober 2022 bestätigte. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem Attest vom 7. September 2022 nicht um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung handele, und verweigerte die Entgeltfortzahlung. Der Kläger reichte daraufhin eine ergänzende Bescheinigung des tunesischen Arztes ein, welche die Untersuchung am 7. September, die Diagnose sowie die verordnete Ruhepause mit Arbeitsunfähigkeit und Reiseverbot erneut bestätigte.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Entgeltfortzahlung für September 2022. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) änderte das Urteil ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des geltend gemachten Betrags.

Die Entscheidung

Die Revision der Beklagten zum BAG hatte Erfolg. Zwar hat das LAG zutreffend erkannt, dass einer im Nicht-EU-Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung derselbe Beweiswert wie einer in Deutschland ausgestellten Bescheinigung zukommt, sofern aus ihr hervorgeht, dass der ausstellende Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit differenziert hat. Das LAG hat jedoch die von der Beklagten vorgetragenen Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht in einer erforderlichen Gesamtwürdigung, sondern nur isoliert betrachtet. Dabei hätte in der Gesamtschau beachtet werden müssen, dass der tunesische Arzt dem Kläger eine 24-tägige Arbeitsunfähigkeit bescheinigte, ohne eine Wiedervorstellung anzuordnen. Dennoch buchte der Kläger bereits am Folgetag ein Fährticket für den 29. September 2022, obwohl die Bescheinigung bis zum 30. September 2022 strikte häusliche Ruhe und ein Reiseverbot vorsah. Zudem legte er in den Jahren 2017 bis 2020 dreimal direkt nach seinem Urlaub Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.

Das hat zur Folge, dass der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz trägt.

Das Fazit

Der Senat stellte klar, dass eine AU-Bescheinigung aus einem Nicht-EU-Staat grundsätzlich denselben Beweiswert hat wie eine inländische, sofern der Arzt zwischen Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit unterscheidet. Wird dieser Beweiswert erschüttert, trägt der Arbeitnehmer die volle Beweislast.

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