Undifferenzierte Rückforderungsklausel von Fortbildungskosten unwirksam

Die „auf Wunsch des Mitarbeiters“ zurückgehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses meint die unterschiedslose Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Knüpft daran eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten an, differenziert diese nicht ausreichend und ist unangemessen benachteiligend im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB (LAG Hamm, Urteil vom 11. Oktober 2019, Aktenzeichen 1 Sa 503/19).

Der Fall

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, Fortbildungskosten in Höhe von 13.628,15 Euro zu erstatten. Der Beklagte ist seit 2015 bei der Klägerin als Gesundheits- und Krankenpfleger beschäftigt. Die Parteien schlossen im Juni 2016 einen „Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel“, auf dessen Basis der Beklagte eine Fachweiterbildung Intensivpflege / Anästhesie mit integrierter Ausbildung zum Praxisanleiter absolvierte, die er bereits Ende September 2018 erfolgreich abschloss. Laut Rückzahlungsklausel ist der Mitarbeiter verpflichtet, die der Klägerin entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich der für die Zeit der Freistellung gezahlten Vergütung, zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung der Fortbildung auf Wunsch des Mitarbeiters beendet wird. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis im Juli 2018 ordentlich und fristgerecht zum 30. September 2018. Daraufhin forderte die Klägerin den Beklagten auf, die von ihr verauslagten Fortbildungskosten zurückzuzahlen.

Die Entscheidung

Nach Auffassung des LAG steht der Klägerin kein Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Fortbildungskosten zu. Die Rückforderungsklausel benachteilige den beklagten Arbeitnehmer entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen. Nach dieser sei der Arbeitnehmer zur Rückzahlung verpflichtet, wenn das Arbeitsverhältnis „auf Wunsch des Mitarbeiters“ beendet wird. Mit dieser Formulierung werde pauschal auf eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers Bezug genommen, unabhängig davon, aus welchen Gründen die Eigenkündigung erfolgte. Die Klausel erfasse somit auch eine Kündigung des Arbeitnehmers, die auf Gründe zurückzuführen sei, die in der Sphäre des Arbeitgebers wurzeln, wie beispielsweise seinem vertragswidrigen Verhalten. Somit benachteilige die Rückzahlungsverpflichtung, die auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitnehmers veranlasst hat, den Arbeitnehmer im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen und sei damit unwirksam.

Das Fazit

Unzulässig ist, eine Rückzahlungspflicht ausschließlich an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung der Arbeitnehmenden innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Es muss vielmehr nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Das Urteil ist zu begrüßen, da nur so die Berufswahlfreiheit der Arbeitnehmenden ausreichend gewahrt wird. Gegen die Entscheidung wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

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