Betriebsübergang durch Gesetz

Der Übergang eines Betriebs setzt nicht unbedingt ein Rechtsgeschäft voraus. Ein Betriebsübergang kann auch aufgrund eines Gesetzes erfolgen (EuGH, Urteil vom 6. September 2011, Aktenzeichen C-108/10).

Der Fall

Seit 20 Jahren arbeitete die Klägerin als Hausmeisterin in staatlichen Schulen. Ihr Arbeitsverhältnis sollte nun kraft Gesetzes auf ein anderes Ministerium übergehen. Begleitet wurde dies durch einen Überleitungstarifvertrag. Dieser erkannte aber nicht die volle Beschäftigungszeit der Klägerin an. Nur neun Jahre wurden bei der Eingruppierung in den im aufnehmenden Ministerium geltenden Tarifvertrag berücksichtigt. Dies führte zu Entgelteinbußen in Höhe von 790 Euro. Die Klägerin behauptete, dass sie wegen der geringeren Anerkennung der Dienstzeiten gegenüber den Bestandsbeschäftigten im Ministerium schlechter gestellt sei. Das Gericht legte die Entscheidung dem Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vor.

Die Entscheidung

Die Entscheidung des EuGH stellt einen erheblichen Kurswechsel dar. Statt übereinstimmende Willenserklärungen zur Voraussetzung für einen Betriebsübergang zu machen, soll künftig auch eine einseitige Entscheidung einer staatlichen Stelle reichen, um bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen einen Betriebsübergang anzunehmen. Der EuGH begründet dies mit dem Schutzzweck der seinerzeit eingeführten Richtlinie zum Betriebsübergang. Beschäftigte staatlicher Stellen würden gegenüber der Privatwirtschaft benachteiligt werden, obwohl alle Beschäftigten gleichermaßen durch die Richtlinie vor Schlechterstellungen durch einen Betriebsübergang geschützt werden sollen. Dies gilt insbesondere für Nachteile beim Kündigungsschutz und der Vergütung. Aus diesem Grund muss das Dienstalter, welches Grundlage für die Berechnungen der Vergütung ist, auch nach der Überleitung beim Erwerber aufrechterhalten werden.

Das Fazit

Hier liegt eine Entscheidung vor, die sich so in der Vergangenheit schon angedeutet hat. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte Arbeitnehmern ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber zugestanden, wenn der gesetzliche Übergang auf einen anderen Arbeitgeber nur Durchgangsstation zu einer weiteren Privatisierung ist. Der Schutz der Arbeitnehmer steht hier im Vordergrund. Interessant wird es, wenn man daraus ein allgemeines Verschlechterungsverbot ableitet, das sich auch auf beim Erwerber geltende Tarifverträge auswirkt. Bislang gilt bei beiderseitiger Tarifgebundenheit von vom Erwerber übergeleiteten Arbeitnehmern der neue Tarifvertrag auch dann, wenn dieser schlechter ist, und nicht die unter Umständen günstigere Altregelung. Ob sich das BAG dieser Interpretation des EuGH-Urteils anschließt, ist noch nicht absehbar.

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