Rufbereitschaft zu Hause ist Arbeitszeit

Die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und in der er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb kurzer Zeit Folge zu leisten, ist als Arbeitszeit anzusehen (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2018, Aktenzeichen C-518/15).

Der Fall

Im Feuerwehrdient von Nivelles (Belgien) sind sowohl Berufsfeuerwehrleute als auch freiwillige Feuerwehrleute beschäftigt. M. ist Angestellter eines Privatunternehmens und seit 1981 auch als freiwilliger Feuerwehrmann tätig. Die freiwilligen Feuerwehrleute nehmen auch Wach- und Bereitschaftsdienste wahr. Diese sind seiner Auffassung nach als Arbeitszeit einzuordnen.

Der mit dem Streitfall befasste Arbeitsgerichtshof in Brüssel entschied, den EuGH zu befragen. Insbesondere wollte das Gericht wissen, ob die zu Hause geleisteten Bereitschaftsdienste unter die Definition der Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung fallen.

Die Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass die Bereitschaftszeit in diesem Fall als Arbeitszeit anzusehen ist. Die Mitgliedsstaaten dürfen im Hinblick auf bestimmte Kategorien von bei öffentlichen Feuerwehrdiensten beschäftigten Feuerwehrleuten nicht von allen Verpflichtungen aus der Richtlinie, darunter die Begriffe Arbeitszeit und Ruhezeit, abweichen. Auch sei es den Mitgliedsstaaten nicht gestattet, eine andere Definition des Begriffs Arbeitszeit beizubehalten oder einzuführen als die in der Richtlinie bestimmte. Auch wenn die Richtlinie den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eröffnet, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Vorschriften anzuwenden oder zu erlassen, ist diese Möglichkeit für die Definition des Begriffs Arbeitszeit nicht vorgesehen. Diese Feststellung werde durch die Zielsetzung der Richtlinie bestätigt, die sicherstellen soll, dass die in ihr enthaltenen Definitionen nicht nach dem jeweiligen nationalen Recht unterschiedlich ausgelegt werden. Die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringen muss und während der er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb von acht Minuten Folge zu leisten – was die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen, erheblich einschränkt –, ist als Arbeitszeit anzusehen. Insoweit sei für die Einordnung als Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie entscheidend, dass sich der Arbeitnehmer an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen muss, um gegebenenfalls sofort die erforderlichen Arbeitsleistungen erbringen zu können. Die Verpflichtung, persönlich an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort anwesend zu sein, sowie die Vorgabe, sich innerhalb kurzer Zeit am Arbeitsplatz einzufinden, schränken die Möglichkeiten eines Arbeitnehmers erheblich ein, sich anderen Tätigkeiten zu widmen.

Das Fazit

Mit der Entscheidung setzt der EuGH nicht nur seine bisherige Rechtsprechung zur Arbeitszeit fort, sondern liegt auch gänzlich auf der Linie der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit und trägt damit zur Rechtssicherheit bei. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits in mehreren Urteilen entschieden, dass keine Rufbereitschaft mehr vorliegt, wenn der Arbeitgeber das Erscheinen am Arbeitsort innerhalb einer unangemessenen Frist verlangt. Der EuGH bestätigt mit seiner Entscheidung die Definition von Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften in den Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst.

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