Rechtsmissbrauch bei sachgrundloser Befristung

Bei einer rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung der durch § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eröffneten Möglichkeiten zur sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsverhältnisses kann sich der unredliche Vertragspartner nicht auf die Befristung berufen (BAG, Urteil vom 4. Dezember 2013, Aktenzeichen BAG 7 AZR 290/12).

Der Fall

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31. Dezember 2010 geendet hat. Die Klägerin war aufgrund eines mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 31. Dezember 2008 geschlossenen Arbeitsvertrags als Arbeitsvermittlerin in der Arbeitsgemeinschaft „V“ in der Bezirksstelle R beschäftigt. Vor Auslaufen ihres Arbeitsvertrags forderte die BA die Klägerin auf, sich bei der beklagten Stadt als neben der BA zweitem Träger der ARGE zu bewerben. Dem kam die Klägerin nach. Die Beklagte stellte sie ohne Vorstellungsgespräch nahtlos ab Anfang Januar befristet auf zwei Jahre bis Ende 2010 ein. Der Arbeitsplatz der Klägerin änderte sich nicht. Sie war in der Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Dezember 2010 durchgehend in der Bezirksstelle R als Arbeitsvermittlerin tätig. Gegen die Befristung ging die Klägerin gerichtlich vor.

Die Entscheidung

Die streitbefangene Befristung ist nicht bereits nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig. Die Vorbeschäftigung bei der BA steht dem nicht entgegen. Unter „Arbeitgeber“ ist nur der Vertragsarbeitgeber zu verstehen. Die Klägerin war zunächst bei einer anderen Vertragsarbeitgeberin – der BA – beschäftigt. Die Beklagte ist eine andere juristische Person und nicht derselbe Arbeitgeber, so dass die Befristung formal zulässig war. Allerdings könne sich die Beklagte nach Ansicht der BAG-Richter trotzdem nicht auf die Befristung berufen, wenn sie mit der BA unredlich zusammengearbeitet haben sollte, um die gesetzlichen Schutzvorschriften rechtsmissbräuchlich zu umgehen. Dies müsse zwar die Klägerin beweisen. Es reicht zunächst aber aus, wenn sie Indizien für einen Missbrauch aufzeigt, die die Arbeitgeberin nicht erschüttern kann. Solche Indizien gibt es hier laut BAG reichlich: Es sei die BA gewesen, die die Klägerin zur Bewerbung bei der Stadt aufgefordert habe. Die Arbeitsverhältnisse seien nahtlos ineinander übergegangen, der Arbeitsplatz sei de facto derselbe geblieben. Auch die sonstige Gestaltung des Arbeitsverhältnisses habe sich nicht wesentlich geändert. Ungewöhnlich sei zudem, dass die Beklagte die Klägerin ohne Vorstellungsgespräch eingestellt habe. Dies seien „hinreichende Anhaltspunkte“ für eine missbräuchliche zweite Befristung. Das BAG verwies den Streit zurück an das LAG. Dort wird die beklagte Stadt Gelegenheit haben, die Indizien für einen Rechtsmissbrauch zu entkräften. Gelingt ihr dies nicht, ist die Befristung unwirksam.

Das Fazit

Mit dem vorliegenden Urteil stärkt das BAG die Rechte von befristet beschäftigten Arbeitnehmern. Umgehungstaktiken und Absprachen zwischen den Arbeitgebern, welche zwar, formell gesehen, rechtlich zulässig sind, jedoch rechtsmissbräuchlich eingesetzt werden, sollen mit diesem begrüßenswerten Urteil verhindert werden.

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