Entfristungsregel im Berliner Hochschulgesetz verfassungswidrig

Die Humboldt-Universität (HU) zu Berlin siegte mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen eine Regelung im Berliner Hochschulgesetz, mit der das Land Berlin Universitäten die Entfristung von Promovierten vorschrieb. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) liegt darin ein Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit (BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2025, Aktenzeichen 1 BvR 368/22). 

Der Fall

Die HU wandte sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen § 110 Absatz 6 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG). Dieser verpflichtet die Hochschulen des Landes Berlin, allen befristet auf einer Qualifikationsstelle beschäftigten promovierten wissenschaftlichen Mitarbeitenden mit Abschluss des Arbeitsvertrags eine unbefristete Beschäftigung bei Erreichen des Qualifikationsziels zuzusagen (so genannte Anschlusszusage). Anwendbar war die Regelung für Einstellungen ab 2026. Demgegenüber regelt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), das bundesweit gilt, für diese Beschäftigten die Möglichkeit der Befristung. 

Die Entscheidung

Das BVerfG begründete die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelung folgendermaßen: Die Verpflichtung der Hochschulen zur so genannten Anschlusszusage sei ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 Grundgesetz, weil die Hochschulen über die Weiterbeschäftigung des betreffenden Personals nicht mehr eigenverantwortlich entscheiden könnten. Dieser Eingriff sei schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil das Land keine Kompetenz für den Erlass der Regelung gehabt habe. Es handele sich um eine Norm im Bereich des Arbeitsrechts. Hier sei der Bund zuständig. Die Länder dürften nur ein Gesetz fertigen, wenn der Bund nicht tätig geworden sei. Das sei aber nicht der Fall, denn der Bund habe abschließende Regelungen im WissZeitVG getroffen.

Das Fazit

Die Entscheidung des BVerfG ist schlüssig. Trotzdem war das mit der angegriffenen Norm verfolgte Ziel nachvollziehbar, für Postdoktoranden größere Sicherheit und Planbarkeit zu schaffen. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hängen viele Jahre lang in immer neuen Befristungen fest. Die in Berlin regierende schwarz-rote Koalition will das Ziel, mehr unbefristete Stellen im akademischen Mittelbau zu schaffen, nun auf anderem Weg weiterverfolgen. Dazu sollen neue Stellenkategorien – so genannte „Lecturer“ und „Researcher“ – geschaffen werden. Eine Verpflichtung der Hochschulen, solche Stellen dann auch zu schaffen, dürfte es vor dem Hintergrund des vorliegenden Urteils aber wohl nicht geben.

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