Bund und Kommunen
Gewerkschaftlicher Unterlassungsanspruch gegen Leiharbeit im Streik
Eine Gewerkschaft, die sich im rechtmäßigen Streik befindet, hat einen Unterlassungsanspruch gegen den Einsatz von Leiharbeitnehmenden durch Arbeitgebende aus § 11 Absatz 5 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), (Arbeitsgericht Köln (ArbG Köln), Urteil vom 13. Dezember 2024, Aktenzeichen 19 Ga 86/24).
Der Fall
Die klagende Gewerkschaft hatte die Beklagte, ein Unternehmen, das für die Bundesrepublik Deutschland das Unternehmens- sowie das Transparenzregister führt, zur Aufnahme von Tarifverhandlungen aufgefordert. Die Beklagte lehnte ab. Daraufhin kam es an über 100 Tagen zu Streiks. Auch für den Zeitraum vom 9. bis zum 13. Dezember 2024 rief die Klägerin zum Streik auf.
Die Beklagte beschäftigt unmittelbar etwa 680 Mitarbeitende und zusätzlich zwischen 139 und 281 Leiharbeitnehmende. Auch während des Streiks im Dezember 2024 wurden Leiharbeitnehmende beschäftigt. Dagegen wandte sich die klagende Gewerkschaft im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem ArbG Köln. Sie argumentierte, der Streik als Mittel im Arbeitskampf funktioniere nur, wenn er unmittelbar Druck auf die Arbeitgebenden ausübe. Der Einsatz von Leiharbeitnehmenden reduziere diesen Druck und ließe letztendlich den Streik ins Leere laufen.
Die Entscheidung
Das Gericht wies die Klage der Gewerkschaft aus formellen Gründen ab. Die Arbeitgebenden hatten die in Rede stehenden Leiharbeitnehmenden vor der mündlichen Verhandlung nach Hause geschickt und zugesichert, sie auch für den Rest des Arbeitskampfs nicht einzusetzen. Weil sie damit dem gewerkschaftlichen Antrag nachkamen, wies das Gericht die Klage ab.
Trotzdem führte es in der Sache aus, dass der Unterlassungsanspruch der Gewerkschaft grundsätzlich bestanden hätte. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin soll § 11 Absatz 5 Satz 1 AÜG nicht nur die Leiharbeitnehmenden schützen, sondern gleichzeitig die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften. Deswegen könne ihr in einem solchen Fall ein Unterlassungsanspruch zustehen.
Das Fazit
Der hier entscheidende § 11 Absatz 5 Satz 1 AÜG wurde 2017 angepasst. Seitdem sind hierzu keine Gerichtsentscheidungen ergangen, sodass das Urteil des ArbG Köln von großem Interesse ist. Insbesondere hat nun erstmals ein Gericht bejaht, dass § 11 Absatz 5 Satz 1 AÜG Gewerkschaften einen Unterlassungsanspruch geben kann. Damit hat sich das Gericht der vorherrschenden Meinung in der juristischen Literatur angeschlossen. Die erstmalige Stellungnahme eines Gerichts zu dieser Frage schafft endlich mehr Rechtssicherheit.