Rechtsmissbrauch beim Wechsel der Steuerklasse wegen Altersteilzeit

Während der Altersteilzeit setzt sich das Einkommen aus dem Teilzeitentgelt und dem Aufstockungsbetrag zusammen. Letzterer ist von Steuern sowie Sozialabgaben befreit. Nach § 5 Absatz 2 TV ATZ erfolgt eine Aufstockung auf regelmäßig 83 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens. Das Bundesarbeitsgericht entschied zwei Fälle von Altersteilzeit im öffentlichen Dienst, bei denen die Wahl der Steuerklasse höhere Aufstockungsleistungen für den Arbeitnehmer zur Folge hatte. Die jeweiligen Arbeitgeber haben gerügt, dass die finanzielle Mehrbelastung nicht gerechtfertigt sei.

Arbeitgeber sind verpflichtet, die Lohnsteuer nach Maßgabe der auf der Steuerkarte eingetragenen Steuerklasse vom Brutto-Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers einzubehalten und an den Fiskus abzuführen. Je nach Wahl der Steuerklasse beziehungsweise einer günstigen Kombination von Steuerklassen fällt der Aufstockungsbetrag tatsächlich höher aus. Jedoch ist der Arbeitgeber nicht gehalten, eine nach § 242 BGB rechtsmissbräuchliche Lohnsteuerklassenwahl bei der Bemessung von nettobezogenen Zuschussleistungen wie dem Aufstockungsbetrag bei Altersteilzeit zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber kann also entgegenhalten, dass die Änderung der Steuermerkmale ohne sachlichen Grund erfolgt ist. Das ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Wechsel nur erfolgt, um den Arbeitgeber zu höheren Zahlungen zu verpflichten. Nach BAG fehlt ein sachlicher Grund ebenso dann, wenn die gewählte Steuerklassenkombination für den Arbeitnehmer und seinen Ehegatten steuerrechtlich nachteilig ist. Maßgebend sind die monatlich anfallenden steuerpflichtigen Arbeitsentgelte beider Ehegatten. Das BAG hat Rechtsmissbrauch für den Fall angenommen, dass ein Arbeitnehmer aus der Lohnsteuerklasse 5 mit Beginn der Altersteilzeit in die Lohnsteuerklasse 3 wechselt, obwohl sein Teilzeitentgelt nur etwa die Hälfte des Arbeitsentgelts seines Ehegatten beträgt. Steuerrechtlich ist diese Wahl nicht nachvollziehbar. Kein Rechtsmissbrauch liegt jedoch vor, wenn die gewählte Steuerklassenkombination steuerlich vernünftig ist. In diesem zweiten Fall hat das BAG nicht beanstandet, dass ein Arbeitnehmer, dessen Ehegatte langjährig arbeitslos ist, im Zusammenhang mit der Altersteilzeit von der Kombination 4/4 in die steuerrechtlich angezeigte Kombination 3/5 wechselt. Die bisherige Steuerklassenwahl war für die Ehegatten tatsächlich ungünstig. Sie bietet sich nur bei etwa gleich hohen Monatseinkünften an. Zwar wird der Arbeitgeber wegen der geänderten Steuerklasse durch einen höheren Aufstockungsbetrag finanziell belastet. Das allein ist aber nicht rechtsmissbräuchlich, entschied das BAG.

(BAG, Urteil vom 9. September 2003 - 9 AZR 554/02)
(BAG, Urteil vom 9. September 2003 - 9 AZR 605/02)

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