Tarifvertragliche Sonderzahlungen gibt es auch in der Altersteilzeit

Während der Freistellungphase im Blockmodell der Altersteilzeit besteht dem Grundsatz nach Anspruch auf eine anteilige tarifvertragliche Jahressonderzahlung und Corona-Sonderzahlung (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Juli 2023, Aktenzeichen 9 AZR 332/22).

Der Fall

Die Klägerin arbeitete seit 1997 bei der Beklagten und war zuletzt in die Entgeltgruppe (EG) 9c Stufe 6 TVöD VKA eingruppiert. Zum 1. Oktober 2020 arbeitete sie regelmäßig 19,5 Stunden von sonst üblichen 39 Stunden. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung fanden nebst TVöD VKA auf das Arbeitsverhältnis auch die zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dazu gehörten der Tarifvertrag zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte (TV FlexAZ) in der Fassung vom 25. Oktober 2020 sowie der gleichdatierte Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung (TV Corona-Sonderzahlung). Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ erhalten Beschäftigte während der Arbeitsphase des Blockmodells das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in Höhe der Hälfte des bisherigen Entgelts bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit. Die andere Hälfte fließt in das Wertguthaben nach § 7b Sozialgesetzbuch IV und wird in der Freistellungsphase in Raten ausgezahlt. Die Höhe der einmaligen Corona-Sonderzahlung für Vollzeitbeschäftigte in den EG 9a bis 12 betrug 400 Euro. Im Sommer 2018 vereinbarten die Parteien, das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell fortzuführen. Die aktive Arbeitsphase dauerte vom 1. November 2018 bis zum 30. September 2020, die Freistellungsphase dauerte vom 1. Oktober 2020 bis zum 31. August 2022. Nach Verweigerung beider Zahlungen im Jahr 2020 wurde Klage erhoben.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erachtete die Revision gegen die vorinstanzlichen, klageabweisenden Entscheidungen für teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf eine Corona-Sonderzahlung von 200 Euro sowie auf eine ihrer individuellen Arbeitszeit entsprechende Jahres-sonderzahlung. Ersterer ergibt sich dem Grunde nach aus § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung. Auch Arbeitnehmer, die sich zum 1. Oktober 2020 in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befinden, haben diesen Anspruch. Wortlaut, Systematik und Sinn der Regelung sprechen hierfür. Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung ist, dass das Arbeitsverhältnis am 1. Oktober 2020 bestand und an mindestens einem Tag zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Oktober 2020 Anspruch auf Entgelt bestanden hat. Keine Voraussetzung ist, dass auch tatsächliche Arbeitsleistung erbracht worden sein musste und die Beschäftigten daher durch die Pandemie bedingten Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt waren. Auch systematisch zeige die dazugehörige Protokollerklärung, dass bereits ein gegebenfalls fingierter Entgeltanspruch ausreiche. Auch § 7 Abs. 2 TV FlexAZ schließe im Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitarbeitsvertrags noch nicht absehbare Vergütungsansprüche nicht aus. Dieser regelt nur die Auszahlungsmodalitäten für das in Aktivphase angesammelte Wertguthaben. Auch der Tarifzweck, die Sonderzahlung als Beihilfe beziehungsweise Unterstützung im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu werten, zeige, dass die Tarifvertragsparteien die finanzielle Belastung aufgrund der Pandemie unabhängig von einer Arbeitsleistung abmildern wollten. Der Anspruch der Höhe nach ergibt sich aus dem tariflichen Verweis zu § 24 Abs. 2 TVöD VKA, nachdem Teilzeitbeschäftigte ihr Tabellenentgelt und sonstige Entgeltbestandteile anteilig gemessen an ihrer Arbeitszeit erhalten. Der Anspruch auf eine der individuellen Arbeitszeit der Klägerin entsprechenden Jahressonderzahlung für die Monate Januar bis September 2020 ergibt sich aus § 20 Abs. 1 TVöD VKA und § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TV FlexAZ. Nach § 20 TVöD VKA haben Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Es ist irrelevant, dass die Klägerin sich am Stichtag des 1. Dezember 2020 bereits in der Freistellung der Altersteilzeit befunden hat. Grund hierfür ist, dass § 7 Abs. 2 Satz 1 TV FlexAZ bestimmt, dass ausnahmslos alle in der Aktivphase verdienten Entgeltbestandteile in den Teilzeitquotienten der Freistellungsphase fließen, sei es regelmäßig oder als Einmalzahlung. Teil dieser Entgeltbestandteile sind die vom Arbeitnehmer in der Arbeitsphase des Blockmodells – in Vorleistung – erbrachten Arbeitsleistungen, auf die er während der Freistellungsphase Anspruch hat. Er erarbeitet sich dadurch Ansprüche auf die spätere Bezahlung der Bezüge sowie den Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht während der Freistellungsphase. Zudem stellt das in der Freistellungsphase gezahlte Entgelt die Gegenleistung für die während der Arbeitsphase geleistete Arbeit dar. Die Jahressonderzahlung hat Vergütungscharakter und stellt eine Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung dar. Es wäre, so das Gericht, schlicht unbillig, wenn die Auszahlung der Sonderzahlung davon abhinge, ob man vor oder nach dem 1. Dezember in die Freistellungsphase eingetreten ist.

Das Fazit

2020 hatte Corona die Menschen nicht nur am Arbeitsplatz belastet. Daher ist es richtig, dass die Corona-Sonderzahlung auch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell gezahlt werden muss. Inwiefern diese Belastung jedoch aufgrund geringerer Arbeitszeit weniger gewesen sein soll – was die gekürzte Prämie andeutet –, ist nicht verständlich. Die Anforderungen an die Beschäftigten sind in Bezug auf das Virus gleichgeblieben. Aufgrund der Ähnlichkeiten dieses Tarifvertrags zum Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise würde aufgrund ähnlicher Argumentationsmöglichkeiten im Falle eines gerichtlichen Verfahrens auch hier wohl nur eine hälftige Prämie zustehen.

(BAG, Urteil vom 15. März 2005 - 9 AZR 143/04)

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