Keine Anrechnung zusätzlicher Rentenversicherungsbeiträge auf Ausgleichsanspruch

Die Parteien streiten über die Frage, wie hoch sich der Ausgleichsanspruch des Klägers nach vorzeitiger Beendigung der Altersteilzeit (so genannter „Störfall“) bei vereinbarter Blockarbeitszeit beläuft. Der 1940 geborene Kläger war seit 1976 als angestellter Buchprüfer im Landesdienst tätig. Ab Mitte 2000 wechselte er in Altersteilzeit nach TV ATZ im Blockmodell. Die Freistellungsphase war für den Zeitraum zwischen Dezember 2001 und Juni 2003 vorgesehen. Aufgrund Anerkennung als Schwerbehinderter erhielt der Kläger ab Februar 2001 eine Altersrente. Gemäß § 9 Abs. 2 TV ATZ endete das Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt. Aus der Vorleistung des Klägers in der Arbeitsphase ergab sich ein Differenzanspruch zugunsten des Klägers. Diesen rechnete die Beklagte unter voller Anrechnung der gemäß § 5 Abs. 4 TV ATZ in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b ATG in der Arbeitsphase vom Arbeitgeber allein zu tragenden zusätzlichen Beiträge zur Rentenversicherung ab. Dagegen hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die zusätzlichen Rentenbeiträge als steuer- und sozialversicherungsfreie Leistungen vom Arbeitgeber alleine zu tragen seien und deshalb bei der Abrechnung der vorzeitig durch den „Störfall“ beendeten Altersteilzeit außer Ansatz zu bleiben hätten. Das beklagte Land hat dem widersprochen und die Auffassung vertreten, nach Wortlaut, Systematik und Sinngehalt falle unter die nach § 9 Abs. 3 TV ATZ zulasten des Arbeitnehmers anzurechnenden Leistungen auch der vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeführte zusätzliche Rentenversicherungsbeitrag. Das Arbeitsgericht hatte dem Kläger nur den halben Betrag zugesprochen, da die rentenversicherungsrechtlichen Beiträge vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich gemeinsam zu tragen seien.

Die Berufung des Klägers war erfolgreich. Der Anspruch ergibt sich aus einer am Wortlaut und dem erkennbaren Zweck orientierten Auslegung des § 9 Abs. 3 TV ATZ. Diese Vorschrift regelt einen Anspruch des Arbeitnehmers, der ansonsten nur in den Bestimmungen des Bereicherungsrechts (§§ 812 ff. BGB) seine rechtliche Grundlage finden könnte. Wenn der Arbeitnehmer volle Arbeitszeit vorgeleistet hat, aber den Freizeitausgleich nicht oder nicht in vollem Umfang in Anspruch nehmen konnte, ist der Arbeitgeber um den Wert des Teils der Arbeitsleistung bereichert, der über den der geleisteten Vergütung entsprechenden Teil der Arbeitsleistung hinausgeht (§ 818 Abs. 3 BGB). Diese Bereicherung hat der Arbeitgeber zurückzuerstatten. Der Anspruch wird aber vermindert um die nach §§ 4 und 5 TV ATZ erhaltenen „Bezüge und Aufstockungsleistungen“. Dabei nimmt das LAG an, dass der Kläger den zusätzlichen Rentenversicherungsbeitrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ATG nicht erhalten hat. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er seinem Vermögen zugeflossen wäre. Der Versicherungsbeitrag ist aber als Arbeitgeberbeitrag ausgestaltet. Dies ist auch in § 168 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI bestimmt. Es handelt sich also um einen Beitrag, den der Arbeitgeber alleine trägt. Der Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung wird damit nicht Bestandteil des Vermögens des Arbeitnehmers. Er wird auch nicht zugunsten des Vermögens des Arbeitnehmers abgeführt. Vielmehr erfüllt der Arbeitgeber insoweit eine eigenständige öffentlich-rechtliche Pflicht. Die zu beanspruchenden Renten ersetzen nicht ein konkret entfallenes Entgelt und lassen dem Rentner auch nicht eine Rendite aus angeblich eingezahltem Kapital zukommen. Die Altersrente verspricht nur einen am Durchschnittsentgelt der jeweils aktiven pflichtversicherten Arbeitnehmer (§§ 68, 69 SGB VI) orientierten Alterslohn nach Maßgabe der durch die Vorleistungen kalenderjährlich erworbenen persönlichen Rangstelle. Diese Auffassung des Bundessozialgerichts legt das LAG seinem Urteil zugrunde. Deshalb ist der erhöhte Sozialversicherungsbeitrag nicht bei der Berechnung des Differenzbetrags zu berücksichtigen. Gegen dieses Urteil wurde die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

(LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. März 2003 - 3 Sa 30/02)

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