Corona-Besuchskonzept 

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln bestätigte in seinem Urteil vom Januar 2021 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eines Krankenhauses gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bei der Ausgestaltung eines Besuchskonzepts im Sinne des § 5 Abs. 1 Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO) NRW. 

Verfahrensgang

Die Arbeitgeberin ist Betreiberin eines Krankenhauses mit circa 850 Arbeitnehmenden in Nordrhein-Westfalen. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte sie ein Erfassungssystem des Zutritts und Aufenthalts betriebsfremder Personen auf dem Klinikgelände eingeführt. Dieses System wurde ohne Beteiligung des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats entworfen und etabliert, so dass der sich übergangen gefühlte Betriebsrat ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Siegburg beantragte. Das Arbeitsgericht setzte sodann die vom Betriebsrat angerufene Einigungsstelle ein, bestellte den unparteiischen Vorsitzenden und setzte die Zahl der Beisitzenden für jede Seite auf zwei fest. Dagegen wandte sich die Arbeitgeberin mit einer Beschwerde. Das LAG Köln wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg. Gegen dieses Urteil ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. 

Mitbestimmungsrecht beim Gesundheitsschutz gegeben 

Die Arbeitgeberin vertrat die Auffassung, dass die Zugangskontrollen in erster Linie dem Schutz der bei ihr behandelten Patientinnen und Patienten und nicht der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmenden diene. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG knüpfe an einer für sie verbindlichen Rechtsnorm an. Eine solche existiere jedoch im vorliegenden Fall nicht, da es sich bei den Arbeitsschutzstandards des Bundesarbeitsministeriums allenfalls um unverbindliche Empfehlungen handele. 

Der Betriebsrat und das LAG Köln werteten den Sachverhalt anders. Gemäß § 5 Abs. 1 CoronaSchVO NRW sind Arbeitgebende dazu verpflichtet, erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Patientinnen und Patienten und des Personals vor Einzug der Viren zu treffen. Diese Rahmenvorschrift konkretisiert noch nicht die Ausgestaltung und Umsetzung in den jeweiligen Einrichtungen. Jedoch ergibt sich hieraus eine klare Handlungspflicht zum Zweck des Gesundheitsschutzes für die Arbeitgeberseite. Im Falle einer zu bejahenden Handlungspflicht, aber ohne das Bestehen konkreter gesetzlicher Vorgaben, eröffnet sich der Anwendungsbereich betrieblicher Regelungen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ergibt sich im vorliegenden Fall aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, denn die getroffenen Maßnahmen dienen sowohl dem Gesundheitsschutz der Patientinnen und Patienten, als auch dem der Mitarbeitenden. Die Arbeitgeberin war also durchaus berechtigt, ein einrichtungsbezogenes Besuchskonzept zu gestalten. Jedoch hätte sie den Betriebsrat hinzuziehen müssen. 

Empfehlungen des RKI 

Das Konzept muss sich an den Empfehlungen und Richtlinien des Robert-Koch-Instituts zum Hygiene- und Infektionsschutz orientieren. Danach gelten folgende Besuchsregelungen:

  • soziale Kontakte sollten möglichst über Telekommunikation anstatt über persönliche Besuche erfolgen
  • Besuche sind auf ein Minimum zu beschränken und zeitlich zu begrenzen
  • Besucherinnen und Besucher sind zu den erforderlichen Schutzmaßnahmen (Abstand von mindestens 1,5 m zu Patientinnen und Patienten, Tragen eines Schutzkittels und eines dicht anliegenden, mehrlagigen Mund-Nasen-Schutzes, Händedesinfektion beim Verlassen des Patientenzimmers) zu unterweisen.

Ausgestaltungsspielraum 

Zu beachten gilt, dass es sich bei den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts nicht nur um einen Leitfaden handelt, sondern dass diese unmittelbar verpflichtend aufgrund der Verweisung in der Coronaschutzverordnung wirken. Innerhalb der jeweiligen Betriebe besteht aber trotzdem ein Gestaltungsspielraum für die konkrete Umsetzung im Einzelfall. Etwas Anderes gilt nur, wenn für das betroffene Krankenhaus eine individuelle ordnungsbehördliche Regelung ergangen wäre. Dies ist hier nicht der Fall. Deshalb können Arbeitgeberin und Betriebsrat beispielsweise die Besuchszeiten oder die Abstandsregelungen an die lokalen Gegebenheiten vor Ort anpassen. Zumal es sich bei den obigen Empfehlungen nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern um die Benennung von Mindeststandards handelt, von denen nach oben hin abgewichen werden kann, um einen größtmöglichen Schutz für die Patientinnen und Patienten und die Beschäftigten zu gewähren.

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