Initiatorin einer Betriebsratswahl wird dreimal unwirksam gekündigt

Gleich dreimal kündigte der Autovermieter Sixt einer Mitarbeiterin, die sich für eine Betriebsratswahl einsetzte. Das Arbeitsgericht Düsseldorf erklärte die Kündigungen aus verschiedenen Gründen allesamt für unwirksam (ArbG Düsseldorf vom 23. Februar 2022, Aktenzeichen 10 Ca 4119/21).

Der Fall

Das Unternehmen Sixt hat weltweit zahlreiche Standorte und Tausende Beschäftigte. An keinem der Standorte wurde bisher erfolgreich ein Betriebsrat gegründet. Eine Mitarbeiterin am Standort Flughafen Düsseldorf hatte im August 2021 gemeinsam mit zwei Kolleginnen zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Auf der Tagesordnung stand die Wahl eines Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl. Noch im selben Monat wurde ihr fristlos und hilfsweise fristgerecht gekündigt, weil sie trotz einschlägiger Abmahnungen wiederholt zu spät zur Arbeit gekommen sei.

Die geplante Betriebsversammlung sollte im September 2021 stattfinden. 15 Beschäftigte folgten der Einladung. Der angemietete Raum war jedoch hinsichtlich der Corona-Schutzvorschriften zu klein, woraufhin das Unternehmen kurzfristig andere Räumlichkeiten zur Verfügung stellte. Die Mitarbeiterinnen nahmen das Angebot aber nicht an, sondern sagten die Versammlung kurzfristig ab. Sixt kündigte der Frau daraufhin im November 2021 erneut und unterstellte ihr und den Kolleginnen, sie hätten absichtlich einen zu kleinen Raum angemietet, um sicher zu sein, dass nur wenige Beschäftige an der Versammlung teilnehmen und sie sich selbst zum Wahlvorstand hätten wählen können. Durch die Absage der Betriebsversammlung wollten sie sich angeblich vom Arbeitsgericht per Beschluss als Wahlvorstand einsetzen lassen.

Die dritte fristlose Kündigung sprach die Arbeitgeberin aus, als die bereits fristlos gekündigte Mitarbeiterin im Dezember 2021 ohne Absprache den Backoffice-Bereich der Filiale betrat und dort eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung aushängte. Darin sah das Unternehmen einen Hausfriedensbruch.

Die Entscheidung

Die Urteile des Arbeitsgerichts Düsseldorf sind eindeutig: Alle drei Kündigungen sind unwirksam. Wiederholtes Zuspätkommen rechtfertige in der Regel nur eine ordentliche und eben keine fristlose Kündigung. Auch diese sei aber im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da die Frau als Initiatorin einer Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genieße. Für die Behauptungen zur zweiten Kündigung gebe es überhaupt keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte. Die dritte Kündigung sei ebenfalls unwirksam, da die Mitarbeiterin zwar das Hausrecht des Unternehmens verletzt habe, als sie, bereits fristlos gekündigt, unabgesprochen deren Betriebsräume betreten habe. Die Pflichtverletzung sei jedoch nicht so schwerwiegend, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Der Ausspruch einer Abmahnung durch die Arbeitgeberin wäre ausreichend gewesen, da das Erscheinen der Mitarbeiterin am Arbeitsplatz keine gravierenden Auswirkungen auf die Betriebsabläufe gehabt und aus ihrer Sicht der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Rechte gedient habe.

Das Fazit

Neben amtierenden Betriebsratsmitgliedern haben auch Mitglieder des Wahlvorstands und Vorfeldinitiatoren einen Sonderkündigungsschutz. Dieser Schutz soll verhindern, dass Arbeitgebende die Bildung von Betriebsräten im Vorfeld einer Wahl durch den Ausspruch von Kündigungen behindern oder sogar verhindern.

Gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist die ordentliche Kündigung eines Mitglieds des Wahlvorstands vom Zeitpunkt seiner Bestellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig. Wahlbewerbende werden vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses geschützt. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist möglich, bedarf aber nach § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) der Zustimmung des Betriebsrats. Wird diese Zustimmung nicht erteilt, kann ein Antrag auf gerichtliche Ersetzung dieser Zustimmung erhoben werden.

§ 15 Abs. 3a KSchG dehnt den Sonderkündigungsschutz auf so genannte Wahlinitiatoren aus. Dies sind Arbeitnehmende, die in Betrieben ohne Betriebsrat zu einer Betriebsversammlung zur Bestellung eines Wahlvorstands einladen. Die ordentliche Kündigung ist ab Einladung zur Betriebsversammlung bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses ausgeschlossen. Um einen Missbrauch durch eine ausufernde Benennung von Wahlinitiatoren zu vermeiden, wurde der besondere Kündigungsschutz bisher auf die ersten drei in der Einladung aufgeführten Arbeitnehmenden begrenzt.

Durch das bereits am 18. Juni 2021 in Kraft getretene Betriebsrätemodernisierungsgesetz (tacheles berichtete) wurde die Anzahl der geschützten Wahlinitiatoren jedoch von drei auf sechs verdoppelt. Zudem wird der Kündigungsschutz auf so genannte Vorfeldinitiatoren erstreckt. Dabei handelt es sich um Arbeitnehmende, die bloße Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats unternehmen.

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