Filialleiterin mit wenig Kompetenzen ist keine leitende Angestellte

Das Bundesarbeitsgericht (Aktenzeichen 7 ABR 14/21) hatte folgenden Fall zu entscheiden: Die Filialleiterin eines Einzelhandelsunternehmens ließ sich im Dezember 2019 bei der Betriebsratswahl erfolgreich zur Wahl aufstellen und war außerdem Mitglied im Wahlvorstand. Die Arbeitgeberin hat die Wahl angefochten, da sie der Ansicht war, dass die Filialleiterin als leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) weder Mitglied des Wahlvorstands habe sein dürfen, noch wahlberechtigt beziehungsweise wählbar gewesen sei.

Stellenbeschreibung nicht allein maßgebend

Die Stellenbeschreibung als Filialleiterin beziehungsweise Store Managerin wies unter dem Verantwortungsbereich „Management“ unter anderem aus: „unmittelbarer fachlicher und disziplinarischer Vorgesetzter der im Store beschäftigten Mitarbeiter, Rekrutierung von Vollzeit- und Teilzeitkräften (Bewerbungen sichten, Vorstellungsgespräche führen, Entscheidung über die Einstellung oder Absage), auf Wunsch Unterstützung durch District Manager und / oder HR Manager, Entscheidung über die Entlassung von Mitarbeitern…“ Die Filialen beschäftigen zwischen fünf und zehn Mitarbeitende und werden insgesamt sieben District-Managern zugeordnet, deren Aufgabe wiederum die Sicherstellung der Einhaltung vertrieblicher und personeller Vorgaben durch die Filialen ist. In der Zentrale besteht eine für sämtliche Filialen zuständige Personalabteilung.

Entscheidungskompetenz erforderlich

Die Klägerin war der Ansicht, dass die von den Store-Managern selbstständig getroffenen Entscheidungen über Einstellungen und Entlassungen von der zentralen Personalabteilung nur unterstützend technisch umgesetzt würden und die Filialleitung nicht verpflichtet gewesen wäre, sich der Hilfe der Personalabteilung zu bedienen. Sie habe bei einem entsprechenden Wunsch Arbeitsverträge und Kündigungen auch selbst unterzeichnen dürfen.

Die Beklagte vertrat den Standpunkt, dass sie keine leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG war, da sie als Store-Managerin ohne die Billigung der Geschäftsleitung Personalentscheidungen eben nicht wirksam vornehmen durfte. Die Durchführung der jeweiligen Einstellung und Entlassung im Außenverhältnis habe sich sowohl nach der Stellenbeschreibung als auch in der praktischen Anwendung die Personalabteilung vorbehalten. Der Einstellungs- und Entlassungsbefugnis mangele es zudem an der erforderlichen besonderen unternehmerischen Relevanz.

Befugnisse mit unternehmerischer Relevanz

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmenden berechtigt ist.

Es genügt aber nicht jede Einstellungs- und Entlassungsbefugnis, sie darf nämlich keine untergeordnete Bedeutung für den Betrieb und damit auch für das Unternehmen haben. Die unternehmerische Bedeutung der Personalverantwortung kann aus der Anzahl der Arbeitnehmenden folgen, auf die sich die selbstständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis bezieht. Der Angestellte tritt in diesem Fall nur in einem unbedeutenden Umfang als Repräsentant des Arbeitgebenden gegenüber dem Betriebsrat auf. Die für die Stellung eines leitenden Angestellten erforderliche unternehmerische Personalverantwortung liegt dann nur vor, wenn die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis gerade für einen für das Unternehmen qualitativ bedeutsamen Personenkreis besteht. Dies hat das BAG im vorliegen Fall verneint, da die Beklagte lediglich fünf Mitarbeitende führte.

Zudem muss die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis sowohl im Innenverhältnis als auch im Außenverhältnis bestehen. An dem Merkmal der Selbstständigkeit fehlt es daher, wenn der Angestellte nur im Verhältnis zu den Arbeitnehmenden, nicht aber im Innenverhältnis zu seinen Vorgesetzten befugt ist, über Einstellungen und Entlassungen zu entscheiden. Die Ausübung der Personalkompetenz darf nicht von der Zustimmung einer anderen Person abhängig sein. Die Filialleiterin hat nicht selbst Arbeitsverträge und Kündigungen unterschrieben, sondern die Personalabteilung. Damit hat die Beklagte nach außen hin nicht die Verantwortung für ihre Entscheidungen übernommen. Gerade die Zeichnung von Arbeitsverträgen und Kündigungen im eigenen Namen ist äußeres Kennzeichen der den Status eines leitenden Angestellten begründenden Personalverantwortung. Allein die theoretische Möglichkeit einer Unterschriftsverweigerung durch die Personalleiterin weise dieser die Letztverantwortung zu.

Die Richter verwiesen in diesem Zusammenhang auch explizit auf eine Zielsetzung der gesetzlichen Vorgaben: „Der Arbeitgeber soll nicht allein durch die Verleihung von formalen Personalbefugnissen von nur untergeordneter unternehmerischer Gewichtigkeit bestimmte Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes herausnehmen können.”

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