Kommunen und Europa

Vorausschauende Personalpolitik unabdingbar

Der Bundesvorsitzende der komba Gewerkschaft, Andreas Hemsing, sieht in der Digitalisierung und im Fachkräftemangel die größten Herausforderungen für die öffentlichen Dienste in den EU-Mitgliedstaaten, besonders für die kommunalen Verwaltungen.

Hemsing sprach sich am 4. Juni 2019 vor den Berufsräten für Verwaltung der unabhängigen Gewerkschaften in Europa (CESI) für flexiblere und europaweit anerkannte Ausbildungsabschlüsse aus. „Gerade in den Grenzräumen tun wir gut daran, diesen besonderen Arbeitsmarkt europäisch zu öffnen", so der komba Chef. Das entspreche auch den Erwartungen vieler junger Menschen. Zu Rekommunalisierungen sagte Hemsing, dass die Entwicklung zu begrüßen sei. „Die gesamte Aufgabenwahrnehmung der Kommunen gilt es dabei im Rahmen der Daseinsvorsorge auf Qualität und Identifikation für die Bürgerinnen und Bürger abzustimmen."

„In Deutschland wie in einigen anderen EU-Staaten auch fehlen vor allem Bewerberinnen und Bewerber für technische Berufe im öffentlichen Dienst. Wir sollten darüber nachdenken, in Analogie zum Bachelor of Laws auch ein duales Studium im technischen Bereich anzubieten", regte Hemsing an. Zudem müssten die für Berufe im öffentlichen Dienst qualifizierenden Abschlüsse flexibler werden. „Mit starren Systemen werden wir perspektivisch nicht genügend junge Leute ansprechen, um die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand besonders auf kommunaler Ebene zu erhalten." Hemsing verwies auf die große Pensionierungswelle der Baby-Boomer und den bereits heute akuten Fachkräftemangel.

Neben der Attraktivität des öffentlichen Arbeitgebers für junge Menschen diskutierten die Berufsratsmitglieder auch die Entwicklungen der Privatisierungen und der Rekommunalisierung von Aufgaben im kommunalen Raum. Die Vertreterinnen und Vertreter der unabhängigen Gewerkschaften betrachteten Fallbeispiele in einzelnen europäischen Städten sowie weitere internationale Beispiele, die das „transnationalinstitute" in Amsterdam empirisch erhoben hat. Hemsing sagte dazu: „Privatisierungen sind nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels in begründeten Einzelfällen für eine Erledigung von kommunalen Aufgaben unumgänglich." Hierbei sei allerdings zu beachten, dass die Steuerung und Überwachung der Aufgaben unbedingt in der öffentlichen Hand bleiben müsse.  „Das bedeutet, eine vorausschauende Personalpolitik ist für eine erfolgreiche Umsetzung unabdingbar. Wer zum Beispiel eine Brücke bauen lässt und über keine eigenen geeigneten Ingenieure mehr verfügt, muss sich über Zusatzkosten nicht wundern." Weiterhin sei zu beobachten, dass häufig weniger lukrative Aufgaben wieder rekommunalisiert würden. Dies sei für den Service und das kommunale Angebot für die Bürgerinnen und Bürger zu begrüßen, jedoch finanziell oft schwierig in den Haushalten darzustellen. Hier gelte es, die Kommunen zu stärken.

„Ich bin überzeugt, dass die Aufgaben der Daseinsvorsorge auf lange Sicht durch kommunale Eigenerfüllung wirtschaftlicher sind. Sie führen zu mehr Identifikation und sichern eine höhere Qualität für die Bürgerinnen und Bürger", so Hemsing. „Wo dies nicht geht, muss die Steuerung von der Kommune selbst, gegebenenfalls auch im Zusammenschluss mit weiteren Kommunen, wahrgenommen werden."

 

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