Gewerkschaftstag dbb brandenburg

Öffentlicher Dienst: Personalbedarf trotz Neueinstellungen weiterhin enorm

Der Personalbedarf des öffentlichen Dienstes in Deutschland ist trotz vieler Neueinstellungen in den vergangenen Jahren weiterhin enorm. „Angesichts der bevorstehenden Babyboomer-Welle von Ruhestandseintritten hat die Politik viel zu spät reagiert“, kritisiert dbb Chef Ulrich Silberbach.

„Die Veränderungen der kommenden Jahre sind nicht nur wegen der allgemeinen demografischen Entwicklung eine besondere Herausforderung für den öffentlichen Dienst. Hinzu kommt die tiefgreifende digitale Transformation, die die Arbeitswelt und damit auch den Staatsdienst komplett verändern wird“, machte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 4. Juni 2019 beim Gewerkschaftstag des dbb brandenburg in Potsdam deutlich. „Der öffentliche Dienst kann und muss Vorreiter sein für eine moderne und digitale Arbeitswelt. Nur so werden wir die Menschen von uns, vom Staat, vom Gemeinwesen, in dem wir alle miteinander leben, auch in Zukunft überzeugen können. Aber wer Vorreiter sein soll, dem müssen auch entsprechende Ressourcen zugestanden werden – sonst machen andere das Rennen“, warnte Silberbach und sagte mit Blick auf die Ergebnisse der Europa-Wahlen Ende Mai: „Wir stellen fest, dass die Menschen das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen, Regierende und Parteien verlieren. Erst kürzlich bestätigte eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung diese Entwicklung: Populistische und demokratiefeindliche Tendenzen sind in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt. Das hat ganz bestimmt auch etwas mit dem Rückzug des Staates in allen Bereichen und letztlich auch in weiten Teilen aus seiner Verantwortung zu tun“, so der dbb Chef. „Das darf uns nicht egal sein, und umso stärker müssen wir dafür kämpfen, dass der öffentliche Dienst und seine Beschäftigten wieder zum dem gemacht und als das respektiert werden, was sie sind: Das Rückgrat, das dafür sorgt, dass Deutschland funktioniert – egal ob Bildung, Wissenschaft, Infrastruktur, Klimaschutz oder Justiz und Sicherheit, analog wie digital – es sind Menschen im Dienst der Menschen.“ Eindringlich warnte Silberbach davor, die Gestaltungsarbeit der Politik zu überlassen. „Auf keinen Fall dürfen sich Gesellschaft, Beschäftigte und ihre Organisationen aus dem politischen Prozess zurückziehen – aus welchen Gründen auch immer. Der Staat geht uns alle an, und insbesondere der öffentliche Dienst ist Garant für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Diese Grundordnung gilt es aktiv und engagiert zu wahren und zu schützen, gerade in diesen Zeiten, in denen es Kräfte gibt, die daran Hand anlegen wollen“, sagte er und betonte: „Im öffentlichen Dienst und unter dem Dach des dbb ist kein Platz für eine Politik, die Menschen ausgrenzt und demokratische Prinzipien in Frage stellt.“

Silberbach gratulierte Ralf Roggenbuck zu seiner Wiederwahl an die Spitze des dbb brandenburg. Der Gewerkschaftstag in Potsdam wählte den 54-jährigen Staatsanwalt, der den Landesbund seit 2012 führt, erneut an die Spitze des Landesvorstandes, den neben Roggenbuck (DJG) Detlef Daubitz (komba) als Zweiter Vorsitzender sowie Kathrin Wiencek (phv), Richard Wurche (DVG-BB), Henning Probst (BPV) und Roland Parnitzke (GDL) als stellvertretende Vorsitzende bilden. „Ihr seid ein starkes Dach für Brandenburger Beschäftigte“, betonte der dbb Bundesvorsitzende und reagierte auch auf die jüngsten Pläne der Landesregierung, Landesministerien aus Potsdam in die Fläche zu legen, um den ländlichen Raum zu stärken. „Natürlich ist Brandenburg als Flächenland und aufgrund seiner Nähe zu Berlin besonderen Herausforderungen ausgesetzt – während in vielen ländlichen Regionen die Bevölkerungszahl zurück geht, erfährt die Region um Berlin, insbesondere die Landeshauptstadt Potsdam einen beachtlichen Zuzug. Eine insgesamt abnehmende Bevölkerungszahl hat zwingend Auswirkungen auf die Infrastruktur in der Fläche. Daraus jedoch zu schließen, dass mit abnehmender Bevölkerungszahl auch der öffentliche Dienst zu reduzieren ist, wäre vermessen und falsch. Es ist richtig und wichtig und für die Zukunft unerlässlich, den ländlichen Raum auch dadurch zu stärken, dass Behörden in der Region angesiedelt werden. Aber doch bitte nur unter Einbindung der Beschäftigten in diesem Prozess. Und Ministerien gehören in die Landeshauptstadt. Punkt, Ende, Aus“, sagte Silberbach in Richtung des ebenfalls anwesenden brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke.

 

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