dbb magazin 1-2/2024

Wie bewerten Sie die Chancen und Risiken des Einsatzes künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung und sehen Sie Digitalisierung auch als Chance für eine umfassende Aufgabenkritik? Wir setzen auf die Chancen durch verantwortungsvoll eingesetzte KI. Für die Arbeitswelt und konkret auch den Service für Bürgerinnen und Bürger wird das vieles positiv verändern. Die Automatisierung von Verwaltungsdienstleistungen, der Einsatz von Sprachmodellen, Chatbots oder Textanalyse-Tools entlastet die Beschäftigten – und die Bürgerinnen und Bürger erhalten schneller die Auskünfte, die sie brauchen. KI kann dabei auch einen wichtigen Beitrag für mehr Barrierefreiheit leisten. Es muss aber immer klar sein, dass KI immer nur ein Assistent ist und am Ende ein Mensch Entscheidungen trifft. Das gilt ganz besonders im Verhältnis von Bürger und Staat. Auch müssen bei diesem gewaltigen Veränderungsprozess viele eingebunden werden und wir müssen viel Know-how und Kompetenzen aufbauen. Aus diesem Grunde bauen wir zur Unterstützung der Bundesverwaltung gerade ein Beratungszentrum für KI auf – das BeKI. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich dann ab Frühjahr 2024 beim BeKI bereits rechtlich, ethisch und technisch beraten lassen. Auch stellen wir hier eine Datenbank mit möglichen KI-Lösungen bereit. So schaffen wir Transparenz und Vertrauen für den Einsatz von KI in der Verwaltung. Mit der Anhebung der wöchentlichen Regelarbeitszeit auf 41 Stunden leisten Beamtinnen und Beamte seit 2006 ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung. Auf der dbb Jahrestagung im Januar 2023 haben Sie in Aussicht gestellt, besonders belastete Berufsgruppen bei der Arbeitszeit zu entlasten. Wann startet die strukturierte Rückführung der wöchentlichen Arbeitszeit? Mir ist bewusst, dass die aktuellen Herausforderungen auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst im besonderen Maße fordern. Neben den großen Transformationsaufgaben, der Digitalisierung und dem Klimaschutz hat der brutale russische Angriff auf die Ukraine tiefgreifende Veränderungen mit sich gebracht. Der öffentliche Dienst hat seine Krisenfestigkeit und hohe Leistungsfähigkeit in den letzten Jahren bewiesen und wird diese auch weiterhin sicherstellen. Eine pauschale Absenkung der Wochenarbeitszeit sehe ich nicht, aber mir ist es weiterhin ein wichtiges Anliegen, dass wir eine Entlastung für besonders belastete Beschäftigtengruppen erreichen. Bei der Prüfung der Entlastungsmöglichkeiten legen wir ein besonde- res Augenmerk darauf, die erforderliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Dienstbereiche zu erhalten und gleichzeitig den Gesundheitsschutz zu stärken. Eine Dauerbaustelle ist auch die Besoldung: Der Bund ist die einzige Gebietskörperschaft, die die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien noch nicht in entsprechende Gesetze gegossen hat, um damit – auch für die vergangenen Jahre – einen Abstand der niedrigsten Besoldung zum Grundsicherungsniveau von 15 Prozent zu garantieren. Wann können die Kolleginnen und Kollegen damit rechnen? Ich bin erst mal weiterhin sehr froh, dass wir im letzten Jahr einen guten und fairen Tarifabschluss für die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen erreicht haben. Dieser Tarifabschluss bringt spürbare Entlastungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und er ist Ausdruck der Verantwortung für die Beschäftigten, für die öffentlichen Haushalte, für die soziale Gerechtigkeit – und für einen starken, zukunftsfähigen Staat. Mit der zeit- und wirkungsgleichen Übertragung der Tarifergebnisse auf den Beamtenbereich haben wir bereits einen großen Schritt für eine attraktive Besoldung und Versorgung getan. Daneben arbeiten wir weiter mit Hochdruck am Gesetzentwurf zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Bundesbesoldung und -versorgung. Auch wenn es noch weiterer Abstimmungen bedarf, werde ich mich für die berechtigten Erwartungen der Beamtinnen und Beamten des Bundes weiterhin mit voller Tatkraft einsetzen. Gewalt ist ein Gradmesser für den Zustand einer Gesellschaft. Die Fallzahlen von Gewaltdelikten sind deutlich gestiegen, immer mehr Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sind betroffen. Worin sehen Sie die Ursachen und wie wirken Sie dem entgegen? Ich bin den Gewerkschaften sehr dankbar, dass wir hier Seite an Seite stehen und dieser Gewalt entgegentreten. Der öffentliche Dienst ist das Rückgrat unseres Staates. Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen unseres Staates jeden Tag für uns alle leisten, hat jeden Respekt verdient. Für diesen Respekt müssen wir wieder sorgen. Wer Vertreter unseres Staates attackiert, muss schnell die strafrechtlichen Konsequenzen spüren. Die Ursachen für die Gewalt sind vielfältig, hier ist auch ein differenzierter Blick auf die jeweiligen Bereiche notwendig. Ganz klar ist aber: Viele Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben schon Gewalt erlebt. Wichtig ist, jeden Übergriff ernst zu nehmen, konsequent zu verfolgen und den Betroffenen zur Seite zu stehen. Hier können insbesondere die Meldewege besser werden. Hierauf wollen wir unser Augenmerk in einem nächsten Schritt gemeinsam mit den Ländern richten. Der anhaltende Zustrom flüchtender Menschen nach Deutschland sorgt ebenfalls für Konfliktpotenzial: Sicherheitskräfte und Helfende arbeiten an der Belastungsgrenze und darüber hinaus. Die Kapazitäten mancher Kommunen sind erschöpft. Ein Vorwurf lautet, die Bundespolitik höre zu wenig zu. Wie stehen Sie dazu? Wir nehmen die Sorgen der Kommunen sehr ernst. Wir haben für neue Klarheit in der Migrationspolitik gesorgt. Wir schützen Menschen vor Krieg und Terror. Auf der anderen Seite müssen aber auch diejenigen unser Land verlassen, die keinen Schutz brauchen. Hierzu dient nicht zuletzt unser umfassendes Gesetzespaket für mehr und schnellere Rückführungen von Menschen ohne Aufenthaltsrecht. Der entscheidende Schritt nach vorn ist aber, dass wir nach Jahren der tiefen Spaltung der EU ein gemeinsames Asylsystem vereinbart haben, mit dem wir endlich die Verantwortung für Geflüchtete fairer verteilen. Damit entlasten wir auch unsere Kommunen dauerhaft. Wir handeln, um die irreguläre Migration zu begrenzen. ■ „Eine pauschale Absenkung der Wochenarbeitszeit sehe ich nicht.“ FOKUS 17 dbb magazin | Januar/Februar 2024

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