dbb magazin 9/2022

REPORTAGE Digitale Schule Die Fläche des Maschsees Die Digitalisierung an Schulen schreitet voran, wenn auch nicht im überall gleichen Tempo. Die Vorzüge des Analogen, aber auch, dass Latein gut digital geht, zeigen sich an einem Schultag am Gymnasium Ernestinum in Celle. Die Schülerinnen und Schüler müssen teilweise mit ihren Tablets auf den Flur gehen, damit sich die Geräte wieder im Netz anmelden“, erzählt Schulleiter Johannes Habekost. Das liegt an den nicht tragenden Trennwänden aus Blechelementen, die es erschweren, eine durchgängige Netzstabilität im gesamten Gebäude zu erreichen. WLAN in allen Räumen gibt es noch nicht. Und dennoch: „In jedem Klassenzimmer ist irgendetwas möglich“, sagt der Leiter des Gymnasiums Ernestinum in Celle weiter; sei es mit Tablets, einem sogenannten Smartboard oder einemMedienwagen mit Computer und Beamer. „Das Gebäude zeichnet sich besonders durch die weiten Laufwege aus“, sagt Lehrer Hans-Ulrich Wessel, der uns durch den Tag begleitet. Die Schule wurde 1978 bezogen und sieht aus wie viele in westdeutschen Städten aus dieser Zeit. Gemäßigter Brutalismus heißt dieser Stil. Sichtbar sind Betonsäulen und farbige Fensterelemente, die Teil der Fassade sind. Tragende Wände im Innern gibt es nicht. Das Ergebnis ist eine große Weite der Gänge – und eine große Unübersichtlichkeit, wenn man das erste Mal das Gymnasium Ernestinum in Celle betritt. Die Schule teilt sich das Gebäude mit der Integrierten Gesamtschule (IGS) Celle. Die baulichen Voraussetzungen sind damit dieselben, von denen auch das Ernestimun profitiert. Die IGS ist ein Leuchtturmprojekt, verfügt über Tablets in allen Klassen, die Eltern über ein Mietmodell finanzieren. Der Schulträger, der Landkreis Celle, hatte bei den Digitalisierungsvorhaben eine Priorität auf Gebäude gelegt, die ohnehin saniert oder neu gebaut wurden, und da waren andere Gymnasien und Oberschulen mit Neubauten zuerst am Zuge. Habekost wünscht sich eine zeitgemäße Ausstattung seiner Schule, steht aber auch manchen Auswirkungen der Digitalisierung kritisch gegenüber. „Wenn die Politik meint, alles wird gut, wenn man nur in alle Schulen ausreichend Endgeräte wirft, ist das ein Irrglaube“, sagt er. „Wie lernen die Kinder Lesen und Schreiben? Was könnt ihr noch, wenn der Strom ausfällt?“, möchte Habekost manche SchülerInnen fragen. Habekost ist von Hause aus Lehrer für Latein, evangelischen Religionsunterricht und Geschichte. Seit neun Jahren leitet er das im Jahr 1328 als Lateinschule gegründete Gymnasiummit altsprachlichem Zweig. Auf die Frage, wie seine stellenweise digitalisierungskritische Sicht mit seiner Kritik an Mängeln der digitalen Ausstattung zusammenpasse, sagt er: „Es geht immer darum, dass wir uns fragen, wie wir die begrenzte Ressource Unterrichtszeit möglichst effektiv nutzen. Wenn ich nur ein Wort anschreiben will, ist die Tafel das richtige Instrument. Da muss ich nicht „Wenn die Politik meint, alles wird gut, wenn man nur in alle Schulen ausreichend Endgeräte wirft, ist das ein Irrglaube.“ Johannes Habekost 18 FOKUS dbb magazin | September 2022

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==