dbb magazin 7-8/2021

vorgestellt auf eine effiziente Erzeugung um und setzen kohlenstoffar­ me Energieträger ein – am besten erneuerbare Energien. Dadurch verringern sich ihre Treibhausgasemissionen, so­ dass sie von den nicht verwen­ deten Zertifikaten wirtschaft­ lich profitieren können.“ Über den Cap wird demnach politisch entschieden, wie viel Treibhausgase alle, die teilneh­ men, insgesamt höchstens emittieren dürfen. Es gibt aber keine festge­ legten Emissionsziele für die einzelnen Teil­ nehmerinnen und Teil­ nehmer. Ein klimapoli­ tisch anspruchsvolles Cap sorgt nach Auffassung des Umweltbundesamtes dafür, dass das Recht, Treibhausgase zu emittieren, ein knappes Gut wird und sich durch Handel am Markt ein Preis für die Zertifi­ kate bildet, der sich aus den Auktionen und dem Handel zwischen den teilnehmenden Unternehmen ergibt: Werden die Zertifikate knapp, weil ins­ gesamt weniger Zertifikate verfügbar sind, steigt der Preis. Das Emissionshandelssystem soll den teilnehmenden Unter­ nehmen letztlich einen finan­ ziellen Anreiz setzen, in Klima­ schutzmaßnahmen zu investieren. Ein Beispiel: Wenn es kosten­ günstiger ist, eine Tonne CO 2 zu vermeiden als ein Zertifikat zu kaufen, lohnt es sich, den Einsatz von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und technische oder organisato­ rische Maßnahmen zur Emissionseinsparung zu ergreifen. Durch den markt­ wirtschaftlichen Emissions­ handel sollen die Emissionen dort reduziert werden, wo es volkswirtschaftlich am güns­ tigsten ist. Soweit die Theorie. Damit der Europäische Emis­ sionshandel transparent wird, sind allerdings Kontrollen nötig. „Beim Emissionshandel kommt es darauf an, dass es eine starke Administra­ tion gibt, die überwacht, dass die Angaben der Anla­ genbetreiber zu ihren Emissio­ nen auch tatsächlich der Reali­ tät entsprechen”, erläutert Landgrebe. < Kontrolle ist besser „Sonst fände Klimaschutz nur auf dem Papier statt. Und genau diese Aufgabe übernehmen wir bei der DEHSt, indem wir die Emissionsberichte der Anlagenbetreiber überprüfen. Dazu ist ein IT-sicheres Register sehr wichtig. Denn die Milliarden von Werten, die im Emissions­ handelsregister verwaltet wer­ den, müssen sicher sein und geschützt werden. Nur so können alle Teilneh­ mer verfolgen, dass es beim Emissions­ handel mit rechten Dingen zugeht.“ Landgrebe ist über­ zeugt, dass der Emissions­ handel auch in der Praxis funktioniert. „Sowohl bei den Auktionen als auch am Sekun­ därmarkt werden genügend Zertifikate angeboten. Auch die Überwachung der tatsäch­ lichen Emissionen funktioniert sehr gut. Ebenso haben die Emissionsberichte eine sehr hohe Qualität, Sanktionen sind mittlerweile selten. Und die ansteigende Preisentwick­ lung amMarkt spiegelt sehr gut das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wi­ der. Gerade in den letzten Jah­ ren und Monaten haben sich Preise eingestellt, die die Un­ ternehmen verstärkt veranlas­ sen, tatsächlich Klimaschutz­ maßnahmen zu planen und umzusetzen.“ Vorwürfe, der Europäische Emissionshandel sei unfair, weil sich Unternehmen in Sa­ chen Klimaschutz „freikaufen“ können, weist Landgrebe zu­ rück. „Unfair ist er aus unserer Perspektive keinesfalls, denn nie­ mand kann sich frei­ kaufen. Stattdessen können Unternehmen wählen, ob sie Zertifikate an der Börse erwerben oder in technische Maßnahmen investieren, um so die notwendigen Emissions­ minderungen zu erreichen.“ < Zertifikate sind kein Freibrief Klimaschutz sei nicht zum Nulltarif zu haben. Un­ ternehmen müssten umdenken, wodurch natürlich auch der eine oder andere Job in Ge­ fahr sei. „Aber die Um­ stellung auf neue Techno­ logien schafft viele neue Arbeitsplätze in anderen Be­ reichen. Ein Förderfonds hilft den Unternehmen, die Chancen des Klima­ schutzes zu nutzen und neue Berufsfelder zu entwickeln.“ Dabei haben nationaler Emissionshandel (nEHS) und Europäischer Emissionshandel (EU ETS) unterschiedliche Aus­ gangspunkte, wie bei der Redu­ zierung von Treibhausgasemis­ sionen angesetzt wird: Der EU ETS verpflichtet dort zur Be­ richterstattung und zur Abga­ be von Emissionsberechtigun­ gen, wo Emissionen in einer Anlage entstehen (sogenannter Downstream-Emissionshan­ del). Der nEHS setzt hingegen nicht an die tatsächlichen Emissionen in der Anlage an, sondern schon an das Inver­ kehrbringen der Brennstoffe, bevor die Brennstoffe bei der Anlage angelangt sind (soge­ nannter Upstream-Emissions­ handel). Diese Emissionen, die durch das spätere Ver­ brennen der Brenn­ stoffe entstehen, werden dem Inver­ kehrbringer zuge­ rechnet. Die verschie­ denen Systeme erklärt das UBA vor allem vor dem Hintergrund der jeweils einbezogenen Sektoren: Bei den vom EU ETS umfassten In­ dustrie- und Energieanlagen handelt es sich um eine kleine­ re Anzahl von Akteuren mit sehr hohen direkten Anlagen­ emissionen. In Bereichen wie Verkehr und Wärme, die unter den nEHS fallen, wäre hinge­ gen eine Einbeziehung der di­ rekten Emissionen wie zum Beispiel die der Autofahrerin­ nen und -fahrer dem UBA zu­ folge nicht praktikabel und un­ verhältnismäßig. < Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) . . ist im Umweltbundesamt angesiedelt und für den Vollzug des nEHS verantwortlich. Sie vollzieht bereits seit 2005 den EU ETS in Deutschland. Zusammen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) setzt die Behörde das BEHG um. Sie ist darüber hinaus die Kontaktstelle für das Bundesum­ weltministerium, die Bundesländer und die zuständigen Landes-Im­ missionsschutzbehörden. National und international wirkt sie an der Weiterentwicklung des Emissionshandels und der weiteren Integra­ tion der projektbasierten Mechanismen des Kyoto-Protokolls mit. Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem die Zuteilung von Emissi­ onsberechtigungen, die Steuerung der Versteigerung von Emissi­ onsberechtigungen in Deutschland und die Überwachung der jähr­ lichen Emissionsberichterstattung und Abgabe der erforderlichen Emissionsberechtigungen. Weiter obliegt ihr das Kontomanage­ ment für alle Konten im deutschen Teil des EU-Emissionshandels­ registers (Unionsregister) sowie die Unterstützung und Überwa­ chung der unabhängigen Prüfstellen bei der Verifizierung von Emissionsdaten. Sie unterstützt das Bundesumweltministerium und die EU-Kommission bei der Analyse und Weiterentwicklung des EU-Emissionshandels und genehmigt und überwacht Klima­ schutzprojekte nach dem Kyoto-Protokoll. 27 dbb > dbb magazin | Juli/August 2021

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==