dbb magazin 6/2021

dbb dialog Beim Querschnittsthema Bil­ dung müsse Europa als zusätz­ liche Ebene, auf der Politik ge­ macht werde, eigentlich immer mitgedacht werden, was zum Beispiel die Anerkennung von Abschlüssen und die Zukunfts­ chancen der jungen Generati­ on betrifft. „Absolut wichtig sind darüber hinaus Austausch und Sprachen. Alle Jugendli­ chen müssten eigentlich ein­ mal an einem europäischen Austauschprogramm teilneh­ men“, sagte Bentele und for­ derte dafür entsprechende Investitionen und darüber hinaus Generationengerech­ tigkeit und Nachhaltigkeit im Hinblick auf Staatsschulden. Nienaß: Europaparlament braucht ein Haushalts- und Initiativrecht „Wir sind uns fraktionsüber­ greifend einig, dass sich die Zukunft Europas nicht ohne Be­ teiligung der Bürgerinnen und Bürger gestalten lässt – auch wenn das ein ehrgeiziges Un­ terfangen ist, weil wir für die­ sen Prozess nur ein Jahr Zeit haben“, machte Niklas Nienaß von Bündnis 90/Die Grünen deutlich, der seit Juli 2019 Ab­ geordneter im Europäischen Parlament ist. „Wir haben den Dialog zur Zukunft Europas am 19. April 2021 begonnen. Auf der digitalen Plattform können sich alle einbringen und tun dies auch – aber leider noch nicht in der Masse, die wir uns erhoffen“, bedauerte Nienaß. Die Zukunft Europas gehe alle an, nicht nur einen kleinen Zir­ kel von politisch Interessierten. „Derzeit haben sich auf der Website allerdings in der Mehr­ heit Deutsche, Franzosen und Italiener registriert, darunter zu zwei Dritteln Männer. Dieser Kreis muss sich dringend erwei­ tern. Wenn genug Leute mit­ machen, kommen auch anti­ europäische Staaten wie zum Beispiel Ungarn und Polen nicht darum herum, den Willen ihrer überwiegend proeuropäi­ schen Bevölkerung umzuset­ zen.“ Im Gegenzug müssten die europäischen Parlamentarier noch stärker bekräftigen, dass sie Veränderungen wirklich umsetzen und dem Bürger­ willen folgen wollen, räumte Nienaß ein. Für Bevölkerungsgruppen ohne Digitalkompetenz seien unter anderem Bürgerforen als Prä­ senzveranstaltungen geplant, berichtete Nienaß: „In diese so­ genannten Agoren wer­ den auch Teilneh­ mer hineingelost, um der Zusammensetzung der Gesell­ schaft Rechnung zu tragen.“ Die Ergebnisse dieser Agoren würden dann in den digitalen Dialog eingespeist. Er hoffe, dass die Menschen so europa­ weit miteinander ins Reden kommen. „Wir sollten auch erreichen, dass wir mehr Kompetenzen in der EU für Bildung, Kultur und Jugendarbeit bekommen“, sagte Nienaß, der den parla­ mentarischen Ausschüssen für Regionale Entwicklung sowie Kultur- und Bildung angehört. Schließlich wollten alle Europä­ er eine gute Bildung für ihre Kinder. „Eine europäische Jugend- und Bildungsarbeit braucht Mindeststandards, die auch überwacht werden. Ich halte es deshalb für sehr sinn­ voll, in Bildung und Umwelt zu investieren. Wenn wir als Euro­ pa in Zukunft unseren Kindern etwas mitgeben können, ge­ hört dazu auch die Klärung der Frage, welche Rolle Europa zu­ künftig in der Welt einnehmen soll. Dazu muss der Euro eine Leitwährung der Welt werden. Dafür lohnt es sich aus meiner Sicht auch, Schulden zu machen, um Euro- Anleihen auszugeben. Und das wiederum kann nur die EU.“ Ob die Konferenz zur Zukunft Europas zum Erfolg wird, wusste auch der grüne Europa­ parlamentarier nicht vorauszu­ sagen. Er persönlich sei großer Unterstützer der Idee der eu­ ropäischen föderalen Republik, bezweifle jedoch, dass man so weit vorankomme, um die Verträge entsprechend zu än­ dern, sagte Nienaß. Als näher­ liegendes Ziel nannte er eine demokratischere Gestaltung des Spitzenkandiatensystems und er halte es für überfällig, dass das Europaparlament als Vertretung der Bevölkerung endlich ein Haushalts- und Initiativrecht bekommt. „Am wichtigsten wäre mir aber, wenn am Ende des Beteili­ gungsprozesses europaweit in den Medien verbreitet würde, dass die EU alles umsetzt, was im Bürgerdialog vorgeschlagen wurde. Dann müssten die Mit­ gliedstaaten der EU aber auch bereit sein, nationale Kompe­ tenzen abzugeben. Sonst ist der Reformprozess nicht durchführbar.“ br/cri/ef/dro < Niklas Nienaß 20 dbb > dbb magazin | Juni 2021

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