dbb magazin 5/2021

brennpunkt tungen von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten durch ei­ nen obligatorischen Kanon po­ litischer Bildung in der polizeili­ chen Aus- und Fortbildung zu stärken. Als Trägerin des staat­ lichen Gewaltmonopols mit be­ sonderen Eingriffsbefugnissen in die (Grund-)Rechte von Bür­ gerinnen und Bürger hätte die Polizei eine besondere Verant­ wortung bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus. Daher müsse die kritische Auseinandersetzung mit den Problemfeldern Rassis­ mus, Antisemitismus und Hass­ kriminalität im regulären Lehr­ plan verankert werden, wo dies noch nicht geschehen ist. Ebenso müsse ein besonderes Augenmerk auf die Themen „Verständnis der pluralen De­ mokratie“ und „Verständnis der Polizei als demokratische Institution“ gelegt werden. Aus Sicht des Arbeitskreises bedarf es Konzepte, wie Polizistinnen und Polizisten im Dienst im Sin­ ne einer lebenslangen Bildung, etwa durch Coaching und Su­ pervision, kontinuierlich beglei­ tet werden können. < Thematisierung der AfD Die plurale Demokratie muss von kompetenten und profes­ sionellen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten geschützt werden. Wenn sich rassisti­ sches Gedankengut in einer Gesellschaft zunehmend ver­ breitet, muss die politische Bil­ dung in der Polizei diese Ent­ wicklungen aufgreifen. Dabei können beispielsweise gängige Argumentationsmuster, Strate­ gien, Verschwörungstheorien oder Stilmittel thematisiert werden, die bei der Verbrei­ tung rassistischer und rechts­ extremer Thesen eingesetzt werden. Beim Lehrpersonal der politischen Bildung bestehen jedoch Unsicherheiten, ob und wie sie die rassistischen und rechtsextremen Äußerungen und Positionen im Hinblick auf Parteien in Wahlkampfzeiten aufgreifen können. Einzelne Lehrkräfte sind in der Vergan­ genheit unter Druck gesetzt worden, weil sie Positionen der AfD kritisch thematisiert ha­ ben. „Das Gebot der Kontro­ versität in der politischen Bil­ dung und das parteipolitische Neutralitätsgebot des Staates oder gesetzliche Regeln für die Polizei stehen einer kritischen Auseinandersetzung mit ras­ sistischen und rechtsextremen Positionen keineswegs entge­ gen“, betont Dr. Hendrik Cre­ mer, wissenschaftlicher Mitar­ beiter am Deutschen Institut für Menschenrechte. Rassistische und rechtsextre­ me Positionen von Parteien könnten zweifelsfrei im Rah­ men bestehender Lehrpläne zur Aus- und Fortbildung von Polizistinnen und Polizisten aufgegriffen werden. Dabei stünden nicht nur die Partei­ programme der NPD oder AfD zur Auswahl. In der öffentli­ chen Debatte ließe sich beob­ achten, dass sich bei allen Par­ teien Aussagen mit rassistisch ausgrenzenden oder stigmati­ sierenden Inhalten wiederfin­ den. „Ein prominentes und zu­ gleich besonders deutliches Beispiel bilden rassistische Aussagen des SPD-Mitglieds Thilo Sarrazin, dessen 2010 von einem renommierten Ver­ lag herausgegebenes Buch ‚Deutschland schafft sich ab‘ sogar zum Bestseller wurde“, sagt Dr. Cremer. Die AfD sei je­ doch in der politischen Bildung im Themenfeld Rassismus und Rechtsextremismus zwingend zu thematisieren. Denn es gebe einen kategorialen Unter­ schied zwischen der AfD und anderen in den Parlamenten vertretenen Parteien: „In der AfD sind rassistische Positio­ nierungen Bestandteil ihres Programms, ihrer Strategie sowie von Positionierungen durch Führungspersonen so­ wie Mandatsträgerinnen und Mandatsträger bis hin zu offen ausgesprochenen Drohungen, in denen sie einer gewaltsa­ men Machtergreifung zur Er­ reichung ihrer politischen Ziele das Wort reden. In der AfD sind auch eindeutig rechtsextreme Positionierungen weit verbrei­ tet. Diese Dimensionen gilt es im Rahmen politischer Bildung zu vermitteln“, stellt Dr. Cremer klar. Dass Lehrende politischer Bildung Positionen einzelner Parteien sachlich be­ gründet als rassistisch oder rechtsextrem einordnen, sei auch in Wahlkampfzeiten zulässig. „Es ist kein Grund erkennbar, warum diese Auf­ gabe politischer Bildung in Wahlkampfzeiten ausgesetzt sein sollte. Schließlich ist es in einer Parteiendemokratie eine Grundvoraussetzung, dass sich die Wahlberechtigten sachlich über die Positionen von Partei­ en informieren können. Das ist auch grundsätzlich eine Aufga­ be politischer Bildung. Das Recht auf Chancengleichheit der Parteien schützt diese nicht vor sachlicher Auseinanderset­ zung mit ihren inhaltlichen Positionen“, sagt Dr. Cremer. < Fazit: praxisnahe Lehre stärken Polizistinnen und Polizisten benötigen zur Wahrnehmung ihres Auftrags neben rechtli­ chen und polizeifachlichen Kenntnissen politische Bildung, die sie befähigt, ihre Einsätze zu verstehen, kritisch zu reflek­ tieren und im Sinne der frei­ heitlichen demokratischen Grundordnung zu handeln. Dafür muss die Bildungsarbeit stärker aktuelle gesellschafts­ politische Entwicklungen auf­ greifen und auf die polizeiliche Praxis ausrichten – unter Ein­ beziehung polizeilicher sowie polizeiexterner Expertise. mz Model Foto: Colourbox.de Foto: RS Photo/Colourbox.de 25 > dbb magazin | Mai 2021 dbb

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