dbb magazin 4/2021

„Digitale Regionen funktionie­ ren anders als Smart Cities. Die Hürden sind höher. Die Zuge­ winne an Lebensqualität aber auch“, sagt Silvia Hennig, Grün­ derin von neuland21 in Bad Bel­ zig (https://neuland21.de/) . Mit ihrem unabhängigen und ge­ meinnützigen Think & Do Tank möchte Hennig die Lebensquali­ tät im ländlichen Raumwieder nachhaltig erhöhen. „Der ewi­ gen Abwärtsspirale aus Abwan­ derung, abnehmender Wirt­ schaftskraft und schwindender Daseinsvorsorge stemmen wir uns mit Ideen, Gründergeist und Innovationskraft entgegen.“ Aktuell läuft ein Forschungsvor­ haben in Kooperation mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin über die Herausfor­ derungen bei der Entwicklung und Etablierung von Open-Da­ ta-Portalen in ländlichen Regio­ nen. „Damit ländliche Räume im Allgemeinen und Verwaltun­ gen politische Mandatsträgerin­ nen und Bürger im Speziellen, künftig stärker von Open Data profitieren können, gilt es, ein detailliertes Verständnis von den Motiven und Rahmenbe­ dingungen beim Auf- und Aus­ bau von Open-Data-Portalen auf dem Land zu gewinnen. Das ermöglicht es uns, passge­ naue Unterstützungsangebote für ländliche Kommunen zu entwickeln“, erklärt Hennig. Durch Open Data können zum Beispiel Informationen über Radwege bereitgestellt, Staus verhindert und Kitaplätze bes­ ser koordiniert werden. Ein beispielhaftes Projekt im Be­ reich Open Data ist die App der Stadt Moers (Mein Moers), die Einwohnerinnen und Ein­ wohner an Müllabfuhrtermine erinnert, freie Parkplätze in Echtzeit anzeigt und virtuelle Stadtrundgänge anbietet. Die Daten für die Anwendung stammen zu nennenswerten Anteilen aus dem Open-Data- Portal der Stadt. < Datenbasierte Projekte für die Kommune Ähnliche und andere Projekte werden bundesweit in soge­ nannten Open-Knowledge-­ Laboren (kurz: OK Labs) entwi­ ckelt. Regelmäßig treffen sich digital- und dateninteressierte Menschen vor Ort, um an ge­ meinwohlorientierten Anwen­ dungen für Bürgerinnen und Bürgern zu arbeiten. In den Städten haben sich die OK Labs bereits bewährt. In den vergan­ genen Jahren sind dort viele nützliche Apps und digitale Werkzeuge entstanden, die teilweise auch von den Verwal­ tungen genutzt oder weiter­ entwickelt wurden. Das soll nun auch im ländli­ chen Fläming in Brandenburg passieren. Das OK Lab Fläming steht allen offen, die ihre Stadt oder Gemeinde mitgestalten und ihre Ideen einbringen möchten. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, Neugierde dafür schon. Gemeinsam soll der Austausch zwischen Ver­ waltung und Zivilgesellschaft speziell zu Open Data und Civic Tech vorangetrieben werden. < Herausforderungen für die Verwaltung Bislang müssen die Kommunen noch nicht gesetzlich verbind­ lich Daten öffentlich bereitstel­ len. Im Rahmen von Transpa­ renzsatzungen verpflichten sich einige Kommunen jedoch freiwillig dazu, Informationen offenzulegen. Der Open-Data- Ansatz stellt die Verwaltung vor große Herausforderungen: Da­ tenbestände umfassend zu ver­ öffentlichen, setzt genügend Ressourcen und abgestimmte Arbeitsprozesse voraus. Daran scheiterte die Verwaltung aber aktuell, weiß der dbb Bundes­ vorsitzende Ulrich Silberbach. „Grundsätzlich ist die Bereitstel­ lung offener Daten zu begrü­ ßen, da sie sich positiv auf die bürgerliche Teilhabe und das Vertrauen in staatliches Han­ deln auswirken können. Es braucht jedoch auch einen Kul­ turwandel im Umgang mit den Daten und ausreichend perso­ nelle Ressourcen.“ Das bestätigt auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung zu „Open Data in Kommunen“ aus Oktober 2020. Demnach sind mangelnde personelle Ressour­ cen und ein fehlender gesetzli­ cher Auftrag zwei wesentliche Gründe, warum häufig noch keine offenen Daten zur Verfü­ gung stehen. Aber auch die Angst vor Datenmissbrauch, datenschutzrechtliche Beden­ ken sowie ein geringer Grad der Digitalisierung bei Verwal­ tungsvorgängen bremsen die Kommunen. Dabei bieten die Digitalisierung und Open Data viele Möglichkeiten, die Verwal­ tung kostengünstiger und effi­ zienter zu gestalten. Ämter und kommunale Unternehmen tref­ fen bessere Entscheidungen, wenn sie datenbasiert arbeiten, und stärken damit gleichzeitig Transparenz und Demokratie vor Ort. mz Digitalpolitik Open Data: Verliert der ländliche Raum den Anschluss? Open Data steht für den Ansatz, Daten wie beispielsweise der kommu­ nalen Statistik, dem öffentlichen Personennahverkehr oder der Umwelt öffentlich frei verfügbar und nutzbar zu machen. Der Umsetzungsstand zu Open Data weist in Deutschland aktuell ein starkes Stadt-Land-Gefälle auf. Großstädte entwickeln zunehmend eigene Open-Data-Portale, wäh­ rend den ländlichen Gemeinden der Ausschluss von diesen Entwicklungen in der kommunalen Digitalpolitik droht. blickpunkt Foto: Colourbox.de 18 > dbb magazin | April 2021

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