dbb magazin 3/2021

arbeitnehmerrechte Betriebsverfassungsrecht Bundesregierung will Betriebsräte stärken Die Corona-Pandemie stellt die Arbeitnehmervertretung in den Betrieben vor große praktische Proble­ me. Wenn die Mehrheit der Belegschaften im Homeoffice ist, fallen formelle, aber vor allem informelle Kommunikationswege weg. Teile der Gremienarbeit können nur über Telefon- und Videokonferenzen erledigt werden. Die Verlängerung der Befristung dieser Möglichkeit bis zum 30. Juni 2021 ist ein wich­ tiger Schritt, er reicht jedoch nicht aus. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat ei­ nen Entwurf für ein Betriebsrätestärkungsgesetz vorgelegt, um die Betriebsratsarbeit zu unterstützen. Der Gesetzesentwurf wird derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. < Mobile Arbeit Die Bundesregierung beabsich­ tigt, den Betriebsräten Rechte bei der Ausgestaltung von mo­ biler Arbeit einzuräumen. Um mobile Arbeit zu fördern und um zum Schutz der Arbeitneh­ merinnen und Arbeitnehmer bei ihrer Wahrnehmung einen einheitlichen und verbindlichen Rahmen zu gewährleisten, wird in § 87 Abs. 1 Nr. 14 Betriebs­ verfassungsgesetz (BetrVG) ein neues Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit eingeführt. Das Mitbe­ stimmungsrecht betrifft die in­ haltliche Ausgestaltung der mo­ bilen Arbeit. Dazu gehören zum Beispiel Regelungen über den zeitlichen Umfang mobiler Ar­ beit, über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in Bezug auf mobile Arbeit oder über den Ort, von welchem aus mo­ bil gearbeitet werden kann. Es können Regelungen zu konkre­ ten Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte des Arbeit­ gebers, zur Erreichbarkeit, zum Umgang mit Arbeitsmitteln der mobilen Arbeit und über einzu­ haltende Sicherheitsaspekte getroffen werden. Das Mitbe­ stimmungsrecht bildet einen Auffangtatbestand für alle Re­ gelungen, mit denen mobile Ar­ beit ausgestaltet werden kann. < Betriebsratssitzungen Betriebsräte sollen unbefristet die Möglichkeit erhalten, unter weitestgehend selbst gesetz­ ten Rahmenbedingungen in ih­ rer Geschäftsordnung und un­ ter Wahrung des Vorrangs der Präsenzsitzung, Sitzungen mit­ tels Video- und Telefonkonfe­ renz durchzuführen. Die Fest­ legung der dazu notwendigen Rahmenbedingungen obliegt allein dem jeweiligen Betriebs­ rat. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, die Durchfuhrung mittels Video- und Telefon­ konferenz zu verlangen. Eine Teilnahme an Betriebsratssit­ zungen mittels Video- oder Telefonkonferenz ist bisher nur nach Maßgabe des § 129 BetrVG und befristet bis zum 30. Juni 2021 möglich. Die Re­ gelung dient der Sicherung der Handlungsfähigkeit der Be­ triebsräte in der besonderen Situation der Pandemie. < Gründung und Wahl von Betriebsräten Der Referentenentwurf ver­ folgt das Ziel, die Gründung und Wahl von Betriebsräten zu fördern und zugleich Fälle der Behinderungen von Betriebs­ ratswahlen zu reduzieren. Da­ mit tritt er der zunehmenden Tendenz einer abnehmenden Interessenvertretung in den Betrieben entgegen. Es geht darum, diejenigen Arbeitneh­ merinnen und Arbeitnehmer besser zu schützen, die sich für die erstmalige Wahl eines Betriebsrats engagieren. Im Hinblick auf die Förderung und Vereinfachung von Betriebsrats­ wahlen werden insbesondere im BetrVG das verpflichtende vereinfachte Wahlverfahren und das vereinfachte Wahlver­ fahren nach Vereinbarung so­ wohl für die Wahl des Betriebs­ rats als auch für die Wahl der Jugend- und Auszubildenden­ vertretung (JAV) ausgeweitet. Um den Schutz von Arbeitneh­ merinnen und Arbeitnehmern bei der Gründung eines Be­ triebsrats zu gewährleisten, wird der Kündigungsschutz zur Sicherung der Wahlen zum Be­ triebsrat verbessert. Zur Ver­ besserung der Teilhabe von Auszubildenden wird die Alters­ grenze für Auszubildende bei der Wahl der JAV gestrichen. Die JAV in Betrieben soll unter­ stützt werden. Mit dieser steht jungen Menschen ein besonde­ res Gremium zur Verfügung, das es ihnen ermöglicht, ihre Interessen gegenüber Arbeit­ geber und Betriebsrat aktiv zu vertreten. Zudem bietet die Tä­ tigkeit der Auszubildenden in der JAV die Möglichkeit, Erfah­ rung in einer Interessenvertre­ tung im Betrieb zu gewinnen. Aktiv wahlberechtigt sind je­ doch nur Arbeitnehmerinnen Model Foto: Colourbox.de (2) 20 > dbb magazin | März 2021 dbb

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