dbb magazin 1-2/2021

dbb Jahrestagung 2021 findet. Am Kopf der Treppe kurzer Fototermin ohne Hän­ deschütteln. „Jetzt sieht es fast aus wie immer“, sagt eine Kollegin am Rande des Gesche­ hens. Aber wie immer ist es eben nicht. Zwar sei alles gut geplant und alle stünden in den Start­ löchern, „aber man sieht zu­ nächst nichts davon. Wir wis­ sen nicht, wie viele Menschen zugucken. Alles, was wir sonst direkt vor Augen und zum An­ fassen in Köln haben, kannst du hier nur erahnen“, sagt Frank Zitka, der beim dbb den Bereich Kommunikation leitet. Im Studio ist letzte Kamerapro­ be, die Journalistin Anke Plätt­ ner wird heute durch den Tag führen. Sie spricht ihre Anmo­ deration in die verschiedenen Kameras, heißt die Menschen im virtuellen Studio in Berlin willkommen und sagt mit Blick auf den Ausfall von Köln: „Lei­ der hat der Kölner Dom nicht in unser Studio gepasst.“ < ... und Action! Dann geht es los. Pünktlich um 10 Uhr beginnt Ulrich Silber­ bach mit seiner Begrüßung. Plättner moderiert, der Bun­ desinnenminister spricht ein Grußwort. „Videoschaltungen können die persönliche Prä­ senz nicht ersetzen“, sagt See­ hofer. Er hoffe, dass man sich im nächsten Jahr wieder per­ sönlich treffen könne. In dem Studio sind neben Silberbach, Seehofer und Plättner nur eine Handvoll Menschen, etwa die Kameraleute, der Personen­ schutz des Ministers und eine Regisseurin. Nach den begrü­ ßenden Worten setzen sich die drei in die Sessel, die in gebüh­ rendem Abstand voneinander dort stehen. Die Veranstaltung läuft nach Plan. An den Arbeitsplätzen in der Regie sitzen die Verant­ wortlichen mit Maske und Headsets an ihren Monitoren. Einer kontrolliert den Ton, eine das Licht, eine Kollegin ist ver­ antwortlich dafür, dass die Videobotschaften eingespielt werden, und einer hält den Kontakt zu den Kameraleuten im Studio. Bei Regisseurin Marieke Behrmann laufen die Fäden zusammen. Sie guckt auf einen riesigen Monitor. Auf ihm sind knapp zehn kleine Monitorbilder zu sehen: die Bilder der verschiedenen Kameras im Studio, der Live­ stream, wie er nach draußen geht, die Fragen aus dem Chat und das Bild einer Dome- Kamera, die aus Vogelperspek­ tive die drei auf ihren Sesseln abbildet, sowie die Monitore, die sie selber vor der Nase ha­ ben, die man als Zuschauer aber nicht sehen kann. „Blendest du bitte jetzt die Themen-Bauchbinde ein?“, sagt Behrmann in ihr Mikrofon. Zuschauerinnen und Zuschauer im Stream sehen, während See­ hofer in Großaufnahme eine Frage beantwortet, eine Tafel im unteren Bildschirmviertel eingeblendet: „Unser Aktuelles Thema: Sind wir richtig aufge­ stellt? Öffentlicher Dienst im Krisenmodus.“ Mit der Einblen­ dung wissen die später Dazuge­ kommenen, worum es gerade geht. Auf einer „Bauchbinde“ stehen sonst auch wichtige Informationen zur Person, die gerade spricht: der Name, die Funktion, das Alter. Die Einblendung bleibt etwa zehn Sekunden stehen, die Re­ gisseurin sagt etwas wie „und wieder weg damit und in die Totale danke“. Immer wieder gibt Marieke Behrmann ihre Anweisungen, steuert so das sichtbare Geschehen: „Die Um­ frageergebnisse sind da, bitte blende die mal ein und zwar jetzt dankeschön.“ Oder: „Wie viele Fragen haben wir noch im Chat? Wir haben noch 13 Minuten bis zur Pause.“ Das sind auch für Moderatorin Plättner wichtige Angaben. < Interaktion auf allen Kanälen Währenddessen sitzt Domi­ nique Roth ein paar Stockwerke höher in seinem Büro vorm Livestream. Er ist Redakteur beim dbb und betreut heute die Social-Media-Kanäle des dbb. An Tagen wie diesen sei das Adrenalin ein bisschen hö­ her, erzählt er. Zwar fielen eini­ ge Tätigkeiten weg. So sei er sonst bei Veranstaltungen auch mit der Videokamera unter­ wegs. Aber den ganzen Tag in Echtzeit Twitter zu bespielen, bedeutet eine stark verdichtete Arbeit. Man müsse die ganze Zeit sehr aufmerksam sein. „Du kannst ja auch nicht beim Fuß­ ball-Livestream in der 60. Mi­ nute ein Tor aus der 10. Minute bei Twitter oder Facebook mel­ den“, erklärt er. Dazu komme die Moderation von Nutzer­ kommentaren und Fragen. „Die Jahrestagung wird inter­ aktiver und damit kommunika­ tiver“, sagt Frank Zitka. Es sei eben keine Veranstaltung im großen Saal von einer Bühne herunter, bei der die Kommu­ nikation nur in eine Richtung gehe. Formate wie die 32 Video­ botschaften, die über den Tag verteilt eingespielt werden, wä­ ren bei einer Präsenzveranstal­ tung so auch kaum umzusetzen gewesen. Mit der Möglichkeit, direkt Fragen zu stellen und an den Umfragen teilzunehmen, werde die Veranstaltung zudem interaktiv. 16.45 Uhr. Vor kaum einer Stun­ de war das letzte Panel vorbei, und vom Studio ist kaum noch etwas zu erkennen. Die Träger, an denen eben noch in einigen Metern Höhe große Scheinwer­ fer hingen und für das nötige Licht sorgten, liegen Dinosau­ rierskeletten gleich in der Vor­ halle im dbb forum. Nach und nach werden sie auseinander­ geschraubt und die Teile wie auch die Kabel, Stecker, Lampen in bereitstehenden schwarzen Kisten für den Transport ver­ packt. Hat es noch eine Woche gedauert, bis die Lichter brann­ ten, die Tontechnik, die Rechner, Server und Datenleitungen auf­ gebaut und etliche Meter Kabel gezogen waren, soll der Abbau schon heute Abend beendet sein. Er könne sich mit den Erfahrun­ gen des heutigen Tages künftig eine hybride Veranstaltung vor­ stellen, also eine mit persönli­ cher und virtueller Teilnahme, sagt Frank Zitka – auch wenn das letztlich bedeutet, zwei Veranstaltungen zu organi­ sieren: eine virtuelle und eine analoge. „Das Netzwerken, die Stimmung“, das alles kann eine virtuelle Veranstaltung indes nicht ersetzen. „Es kommen schließlich auch immer gut 700 Mitglieder der dbb Familie zu­ sammen. Das ist für uns als Verband intern sehr wichtig. Darum treffen wir uns nächstes Jahres sicher wieder in Köln.“ Jörg Meyer < Sekundengenaues Timing in der Regie 17 dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2021

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==