dbb magazin 11/2020

drei fragen an Kriegsfolgenschicksale gehören zur kollektiven Identität Deutschlands 1 Bis in die 1960er-Jahre ka- men Millionen Menschen aus den deutschen Ostgebieten sowie aus vielen deutsch besie- delten Regionen in Ost-, Mittel- und Südosteuropa in die Bun- desrepublik. Als Beauftragter der Bundesregierung kümmern Sie sich noch heute um Spätaus- siedler und unterstützen deut- sche Minderheiten im Ausland. Wie sieht diese Arbeit konkret aus, 75 Jahre nach Kriegsende? Im Jahr 2019 haben 7155 Landsleute als Spätaussiedler und Familienangehörige Auf­ nahme in Deutschland gefun­ den. Aufgrund der Folgen des Zweiten Weltkriegs wurden mehr als zwölf Millionen Deut­ sche vertrieben; viele Aussied­ ler und Spätaussiedler haben wegen ihrer deutschen Volks­ zugehörigkeit Repressionen er­ tragen müssen. Die Bundesre­ publik Deutschland sieht sich deshalb in Verantwortung für das Kriegsfolgenschicksal die­ ser Menschen, deren Geschich­ te zur kollektiven Identität Deutschlands gehört. Als Be­ auftragter der Bundesregie­ rung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten nehme ich die politische Vertretung im Bereich des Aussiedlerzuzugs wahr und bin zentraler An­ sprechpartner für dieses Thema. Hierzu gehört die Initiierung, Begleitung und Koordinierung der Aussiedlerpolitik der Bun­ desregierung. Ich habe die gesetzlichen Regelungen des Verfahrens zur Aufnahme von Spätaussiedlern und ihren An­ gehörigen in der Praxis konti­ nuierlich im Blick. Sollten neue gesetzliche Regelungen nötig sein, setze ich mich für die Entwicklung entsprechender Vorschläge ein und werbe im politischen Raum für deren Verabschiedung. Ein Hauptaugenmerk liegt dar­ auf, mich für die soziale Siche­ rung der Spätaussiedler im Rentenrecht einzusetzen, um das Risiko der Altersarmut un­ ter Spätaussiedlern zu mini­ mieren. Zur politischen Vertre­ tung in aussiedlerpolitischen Angelegenheiten zählt auch mein Vorsitz im Beirat für Spätaussiedlerfragen. Dort werden insbesondere Fragen der gesellschaftlichen und so­ zialen Beheimatung der Spät­ aussiedler, etwa Probleme im Aufnahmeverfahren, die wo­ möglich eine Änderung des Bundesvertriebenengesetzes erfordern, erörtert. Ich verste­ he mich als Bindeglied zwi­ schen Politik und den Organi­ sationen, welche die Belange der Spätaussiedler und Aus­ siedler vertreten, und stehe als Vertreter der Bundesregierung sämtlichen Selbstorganisatio­ nen der Vertriebenen, Spätaus­ siedler und Aussiedler zur Ver­ fügung. Die Unterstützung der noch rund eine Million Angehörigen deutscher Minderheiten in den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie den Nachfolge­ staaten der Sowjetunion ist ein weiterer wichtiger Teil meiner Arbeit. Hier unterstütze ich de­ ren Anliegen gegenüber Regie­ rungen und Gesellschaft. Mit einigen dieser Länder tagen bilaterale Regierungskommis­ sionen, deren Co-Vorsitz ich für Deutschland wahrnehme. Ziel der finanziellen Förderung durch die Bundesregierung ist, neben der humanitären Unter­ stützung für die Erlebnisgene­ ration, vor allem die Stärkung der ethnokulturellen Identität, der Aufbau funktionierender Selbstverwaltungen, der Erhalt der deutschen Sprache und die Jugendarbeit. Mir ist der As<< Bernd Fabritius © Henning Schacht . Prof. Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ? ? ? drei fragen an ... 30 dbb > dbb magazin | November 2020

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