dbb magazin 10/2020

jugend Haben wir nach 30 Jahren den Prozess zur deutschen Einheit abgeschlossen? Nein, sagen Karoline Herr­ mann und Horst Günther Klitzing. Im gemeinsamen Gespräch diskutieren die Vorsitzende der dbb ju­ gend und der Vorsitzende der dbb Senioren über die Unterschiede, die es noch zwischen Ost und West gibt. Aber sie blicken in der t@cker-story auch in die Zukunft und halten fest, was es für den gesellschaftlichen Zusammenhalt braucht. Zum Beispiel positive Geschichten, die die Initia­ tive „Wir sind der Osten“ sichtbar macht. Im t@cker-fokus stellen wir die neue Kategorie #rübergemacht vor, in der Menschen, die in den westlichen Bundesländern aufgewachsen sind und im Osten ihre Heimat gefunden haben, von ihren persönlichen Erfahrungen berichten. Um die eigene Biografie geht es auch im t@cker-tipp: Für das Buch „Nachwendekinder“ hat sich der Journalist Johannes Nichelmann mit Ostdeutschen getroffen, die nach 1985 geboren sind und keine eigenen Erinnerungen an die DDR haben. Er fragt die jungen Menschen nach ihrem Verhältnis zur DDR und lässt sie im Gespräch mit ihren Eltern die eigene Familiengeschichte erkun- den. Zurück in der Gegenwart berichtet die dbbj-Chefin Karoline Herrmann im t@cker auch von den erneut ergebnislosen Tarifverhandlungen für die Beschäftig­ ten von Bund und Kommunen vom 20. September 2020 in Potsdam. Gerade bei den jungen Beschäftigten habe sich in den letzten Wochen eine Menge Frust auf­ gestaut. Die Blockadehaltung der Arbeitgeber sei nicht mehr hinnehmbar, die dbb jugend wird mit gezielten Aktionen den Druck auf die Arbeitgeber nun weiter er­ höhen. Mehr dazu im t@cker-ticker. Das dbb jugend magazin t@cker: www.tacker-online.de dbb jugend magazin online Herausgeber: dbb jugend dbb jugendmagazin für junge leute imöffentlichendienst Brexit: BAföG-Garantie Einkommensrunde: dbb jugendmacht Druck Rübergemacht: ImWestengeboren, imOstenzuhause 10 2020 Ausgabe 14 6 3 dbb jugendnrw: Keine farblosen Floskelnmehr 13 Hier findet Ihrdiedbb jugendauf Instagram 10 9 Buchtipp: Nachwendekinder Zuhören und voneinander lernen 30 JahreDeutscheEinheit tacker_10_2020.indd 1 24.09.2020 11:31:47 nicht das Westniveau erreicht. Ist die unterschiedliche Ren­ tenhöhe in Ost und West ge­ rechtfertigt? „Die anfänglich unterschiedli­ che Höhe der Rentenwerte in Ost und West war vor 30 Jah­ ren sicherlich nachvollziehbar. Aber in den letzten Jahren hat man doch gesehen, dass die beruflichen Entwicklungen sehr ähnlich sind. Die Unter­ schiede in der gesetzlichen Rente sind nicht mehr hinneh­ mar“, sagt Klitzing. Der dbb habe immer klare Forderun­ gen bei den Gesprächen mit der Politik in Berlin kommuni­ ziert. Die Angleichung der Rente sollte deutlich vor 2025 erfolgen. Vor allem aber sei eine Neuregelung für die durch die Rentenüberleitung besonders belasteten Perso­ nengruppen, wie Kranken­ schwestern, Beschäftigte von Deutscher Reichsbahn und Deutscher Post, ehemalige Angehörige der Zusatzversor­ gung der Intelligenz der DDR oder vor 1992 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR geschie­ dene Frauen überfällig. „Bei meinem letzten Gespräch im Sozialministerium wurde aber noch mal ganz klar gesagt, dass man aus dieser Syste­ matik nicht rauskommt be­ ziehungsweise politisch auch keine frühere Angleichung möchte.“ Herrmann weist auch auf die unterschiedliche Gehaltsent­ wicklung in den neuen und al­ ten Bundesländern hin: „Die günstigeren Lebenshaltungs­ kosten sind – auch von Gleich­ altrigen, die imWesten groß geworden sind – immer das Tot­ schlagargument. Das ist Quatsch. Brot, Brötchen und Käse im Supermarkt kosten ge­ nauso viel und wenn man von günstigen Grundstücken aus­ geht, hat das eher etwas mit dem ländlichen Raum zu tun. Den gibt es im Osten und Wes­ ten gleichermaßen“, sagt Herr­ mann. Klitzing stimmt ihr zu: „Ich habe die meiste Zeit meines Lebens im Saarland gelebt. Ich weiß, wie günstig dort die Grundstücks- und Baupreise sind. Und ob ich in Saarbrücken oder Dresden lebe, bei den allge­ meinen Lebenshaltungskosten gibt es keine großen Unterschie­ de.“ Beide unterstützen daher die Forderungen nach gleichen Arbeitsbedingungen und glei­ chem Lohn für gleiche Arbeit. << Auf die Jugend hören Der demografische Wandel schreitet fort: Die Zahl älterer Menschen nimmt zu, die der jüngeren hingegen ab. Für die Gestaltung unseres gesell­ schaftlichen Zusammenlebens ist es jedoch wichtig, die Inte­ ressen aller Generationen zu berücksichtigen. Was erwartet die dbb seniorenvertretung von der Generation der Nach­ wendekinder? „Ich halte grundsätzlich nichts davon, dass man meint, wenn man die Pensionsgrenze über­ schritten hat, weiß man alles. Ich gebe den Jüngeren keine gut gemeinten Ratschläge“, stellt Klitzing klar. Das gelte für die dbb jugend genauso wie für die jüngere Generation in­ nerhalb der eigenen Fachge­ werkschaft. „Wenn wir nach unseren Erfahrungen aktiv ge­ fragt werden, dann können wir natürlich gerne ins Gespräch kommen. Aber ich kann trotz reichlich Verbandserfahrung im Jahr 2020 der dbb jugend nicht sagen, wie sie sich inhalt­ lich zu positionieren oder zu arbeiten hat.“ Die junge Gene­ ration habe andere Möglich­ keiten, stehe aber auch vor anderen Herausforderungen. Der Gebrauch digitaler Geräte habe die Kommunikation ent­ scheidend verändert, auch innerhalb einer Interessenver­ tretung oder einer Fachge­ werkschaft. „Ich wünsche mir, dass unsere dbb jugend auf ihre Art dazu beiträgt, die Interessenvertre­ tung der Fachgewerkschaften und ihrer Mitglieder zu stär­ ken. Das stärkt auch den Dach­ verband, was politisch ein wichtiges Ziel ist. Außerdem erhoffe ich mir, dass die dbb jugend zu innerverbandlichen Diskussionen entscheidend beiträgt. Das setzt voraus, dass die Funktionsträger, die nicht in der Nähe des Jugendalters sind, auch zuhören und den einen oder anderen Gedanken aufnehmen.“ mz 29 > dbb magazin | Oktober 2020

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