dbb magazin 9/2020

die andere meinung << Der Autor . . absolvierte die Kölner Jour- nalistenschule für Politik und Wirtschaft. Seit 2013 ist er Korrespondent im Haupt- stadtbüro des Handelsblatts mit Schwerpunkt Finanzpoli- tik, seit September 2014 stell- vertretender Büroleiter. Notwendige Hilfe Kommunen brauchen in der Corona-Krise finanzielle Unterstützung Die Corona-Pandemie hat die Kommunen in eine prekäre Lage gestürzt. Sie drohen zwischen sin- kenden Einnahmen und steigenden Ausgaben finanziell zerrieben zu werden. Vor allem bei der Gewerbesteuer, der wichtigsten Einnahmequelle der Kommunen, sind die Einbrüche dramatisch. Nun hört man seit langer Zeit Klagen von Kommunalvertre- tern über leere Kassen. Egal wie sehr die Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren sprudelten, egal wie viele Mil­ liarden Euro der Bund für Kita- ausbau oder Sozialausgaben überwiesen hat – die kommu- nalen Spitzenvertreter zeichne- ten stets ein düsteres Bild ihrer Finanzlage und forderten mehr Unterstützung. Dabei ging es vielen Städten und Gemeinden zuletzt besser. Viele konnten sogar ihre Schulden abbauen und Rücklagen bilden. Doch mittlerweile sind solche Haushaltspläne Makulatur. Selten waren die Warnungen der Kommunen vor einer Plei- tewelle so berechtigt wie seit Ausbruch der Pandemie. Und richtigerweise hat die Große Koalition sie ernst genommen. Das im Juni von Union und SPD geschnürte Konjunkturpaket sieht eine großzügige Unter- stützung für die Kommunen vor. Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, einen Teil der Steuerausfälle zu kompen- sieren. Knapp sechs Milliarden Euro wendet sie für den „kom- munalen Solidarpakt“ auf. Die Bundesländer sollen die­ selbe Summe noch mal drauf- legen. Zudem beteiligt sich der Bund stärker an den Kos- ten der Unterkunft, etwa von Sozialhilfeempfängern und Aslybewerbern. Entlastung: vier Milliarden Euro jährlich. Bundesfinanzminister Olaf Scholz wollte zudem, dass der Bund den Kommunen einen großen Teil ihrer Schulden ab- nimmt. Die SPD konnte sich da- mit aber bei der Union nicht durchsetzen. Auch das ist gut so. Ein Alt- schul- den- fonds hätte den Kommunen angesichts der derzeit niedri- gen Zinsen kurzfristig kaum fi- nanziellen Spielraum gebracht – es sei denn, sie würden gleich wieder neue Kredite aufneh- men. Und das darf nicht Ziel der Übung sein. Perspektivisch wird es für die Altschulden eine Lösung geben müssen. Aber das ist nicht die Aufgabe des Bun- des, sondern der Länder. Einige wie Hessen oder Saarland sind bereits mit gutem Beispiel vor- angegangen, andere wie Nord- rhein-Westfalen sollten folgen. Der von der Großen Koalition aufgelegte kommunale Soli- darpakt konzentriert sich rich- tigerweise auf Soforthilfe bei den Steuereinnahmen. Die dra- matischen Ausfälle kann keine Stadt oder Gemeinde allein ab- federn. Zumal die Kommunen gleichzeitig in der Pandemie vor kostspieligen Herausforde- rungen stehen. Krankenhäuser und Gesundheitsämter müs- sen sie genauso aufrüsten wie den Betrieb von Kitas und Schulen unter Pandemie-Bedingungen sicherstellen. Ohne Hilfe von Bund und Län- dern wäre die Gefahr groß, dass die Kommunen bei den Investitionen sparen. Das taten sie schon bei früheren Krisen. Andere große Ausga- benposten, bei denen sich der Rotstift ansetzen ließe, haben sie kaum. Die Folgen sind bis heute sichtbar in Form von un- dichten Schuldächern oder Schlaglöchern in Straßen. In den vergangenen Jahren ha- ben die Kommunen endlich be- gonnen, ihren Investitionsstau aufzulösen. Sollte dieser Fort- schritt durch die Corona-Krise gefährdet werden, hätte das gesellschafts- und wirtschafts- politisch verheerende Folgen. Auf der kommunalen Ebene wird staatliches Handeln für die Bürger unmittelbar spür- bar. Was hier nicht funktio- niert, sorgt schnell für Frust, der politisch den Falschen nützt. Das Vertrauen der Bür- ger in das staatliche Corona- Krisenmanagement wird maß- geblich vom Funktionieren der kommunalen Ebene abhängen. Die Milliardenhilfen des Bundes für die Kommunen sind deshalb in jeder Hinsicht gut angeleg- tes Geld. Jan Hildebrand Foto: Colourbox.de (2) 15 dbb

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