dbb magazin 9/2020

hintergrund Damit örtliche Aufgaben ef- fektiv und stabil erledigt wer- den können, gewähren Bund und Länder den Gemeinden eine Reihe von Zuständigkei- ten, die folgende Bereiche umfassen: Die Einräumung der Finanzho- heit besagt, dass Kommunen über Mittel verfügen müssen, um die ihr übertragenen Auf- gaben finanzieren zu können. Sie erhalten daher die Befugnis zu einer eigenständigen Ein- nahme- und Ausgabenwirt- schaft. Dazu zählt auch das Recht auf eine adäquate Fi- nanzausstattung durch die Länder. Die Gebietshoheit umfasst das Recht der Kommune, ihre Hoheitsrechte auf den Teil des Gebietes auszuüben, der ihr zugeordnet ist. Demnach un- terliegen Bewohner des Ge- meindegebietes der Rechts­ hoheit der Gemeinde. << Kommunale Verwaltung als un- terhaltsame Simulation: Auch im erfolgreichen Browserspiel „Forge of Empires“ werden die regulatorischen Beziehungen mit demWachstum der Kom- mune komplexer. © InnoGames (2) Die Organisationshoheit gibt den Kommunen das Recht, ihre Verwaltungsstrukturen nach eigenen Vorstellungen einzu- richten. Den jeweiligen Gemeinden obliegt die Personalhoheit über die Beschäftigten, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Dazu gehört das Recht, Bedienstete frei aus­ zuwählen, zu befördern und gegebenenfalls auch zu ent­ lassen. Die Planungshoheit umfasst die Pflicht der Kommunen, vorausschauend zu planen. Darüber hinaus verfügen Kom- munen über die sogenannte Steuerhoheit und erhalten da- mit Kontrolle über die wich- tigste Einnahmequelle der Städte und Gemeinden. Die Satzungshohei t gewährt den Kommunen das Recht, eigene Verordnungen bezie- hungsweise Satzungen zu er- lassen. Außerdem verfügen sie über die Kultur- und Sparkas- senhoheit . << Zwischen Theorie und Praxis Theoretisch kommt den Kom- munen eine Vielzahl an Rechten zu. Praktisch stehen alle diese „Hoheiten“ jedoch unter ge- setzlichem Vorbehalt, da Bund und Länder Vorgaben machen können. Da- her sind auch die be- schriebenen Zu- ständigkeiten in der prakti- schen Umset- zung eingeschränkt. Die Organisationsfreiheit ist zum Beispiel nahezu nicht wirksam, weil Wahlrecht und Organe der Gemeinden durch die Länder vorgegeben werden. Auch bezüglich der Personalho- heit geben Bund und Länder zahlreiche Parameter vor, was beispielsweise die Ausgestal- tung von Dienst- und Besol- dungsgruppen betrifft. Die Lis- te der Einschränkungen ließe sich fortsetzen. Kommunen unterliegen frei- willigen und verpflichtenden Selbstverwaltungsaufgaben. Zu den freiwilligen Selbstver- waltungsaufgaben gehören zum Beispiel kulturelle Ange- bote wie Theater oder Museen. Verpflichtend sind dagegen Aufgaben, die Bund oder Län- der per Gesetz anordnen, wie die Wasserentsorgung oder der Bau und Unterhalt von Kindergärten. Darüber hinaus nehmen die Kommunen soge- nannte übertragene Aufgaben wahr, bei denen sie aber nicht über eine eigene Entschei- dungskompetenz verfügen. << Kommunale Einnahmequellen ImWesentlichen finanzieren sich Kommunen über Steuern, Gebühren und Beiträge. Die Zahlung basiert auf der Steuerpflicht, es ist damit keine direkte Gegenleistung verbunden. Steuern dienen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der Gemeinde für alle möglichen Zwecke. Die Zahlung von Gebühren findet bei Inanspruchnahme einer Leistung statt, wobei Zahlung und Gegenleistung direkt zure- chenbar sind. Das können Verwaltungsge- bühren sein, die bei der Erstellung eines Personal- ausweises oder eines Passes anfallen, oder es kann sich um Nutzungsgebühren wie zum Beispiel Abwassergebühren handeln. Die Zahlung von Beiträgen fin- det bei potenzieller Nutzung statt. Es besteht keine unmit- telbare Zuordnung zur Leistung der Gemeinde. Bestes Beispiel dafür sind etwa Straßenanlie- gerbeiträge. Die Steuereinah- men spielen bei der Finanz­ ausstattung die mit Abstand größte Rolle. Den Gemeinden stehen folgende Steuern zur Verfügung: Realsteuern wie Grund- und Gewerbeertragssteuern, eine direkte Beteiligung an der Ein- kommensteuer mit 15 Prozent sowie am Aufkommen der Ab- geltungsteuer. Weiter sind Kommunen mit rund 1,99 Pro- zent an der Umsatzsteuer zu- züglich eines Festbetrages von etwa 3,764 Milliarden Euro be- teiligt. Darüber hinaus sind sie zwingend an den Einnahmen der Länder aus der Einkom- men-, Körperschaft- und Um- satzsteuer nach Maßgabe der jeweiligen Landesgesetzge- bung beteiligt. Fakultativ sind sie je nach Landesgesetzge- bung an anderen Landessteu- ern beteiligt. Festgelegt ist weiterhin eine Ertragshoheit an örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern. Insgesamt haben die Kommu- nen im Jahr 2018 253 941 Milli- arden Euro eingenommen. Im Vergleich zum Jahr 2013 war das eine Steigerung von knapp 55 Milliarden Euro oder 27,5 Prozent. Hinter Zuweisungen der Länder verbergen sich neben den Mitteln der Länder auch Zahlungen des Bun- des zur Entlastung bei den Sozialausgaben und der Förde- rung kommunaler Investitionen. Bis zum Ausbruch der Corona- Pandemie hat sich die finan­ zielle Lage der Kommunen insgesamt stark verbessert. So gab es über acht Jahre hin- weg Finanzierungsüberschüsse. Im Jahr 2017 lag der Finanzie- rungsüberschuss bei rund 9,4 Milliarden Euro. 2018 waren es 8,7 Milliarden Euro und 2019 immer noch 4,5 Milliarden Euro. Endgültige Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor. rh 13 dbb > dbb magazin | September 2020

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