dbb magazin 7-8/2020

<< Hintergrund Vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von Bund und Kom- munen (TVöD) sind insgesamt etwa 2,5 Millionen Beschäftigte betroffen: rund 2,3 Millionen Arbeitnehmer, Azubis und Prakti­ kanten des Bundes und der Kommunen sowie weiterer Bereiche, auf die der TVöD direkte Auswirkungen hat, und rund 225 000 Bundesbeamte und Anwärter, auf die der Tarifabschluss über­ tragen werden soll. Die wirkungsgleiche Übertragung betrifft hier nur die Bundesbeamten, da die Kommunalbeamten (187 600) nach den jeweiligen Landesgesetzen besoldet werden. der Staat die Privatwirtschaft mit Milliardensummen unter- stützt, auch weil dort gute Lobbyarbeit geleistet wird. Da darf die Politik nicht auf der anderen Seite die Beschäf- tigten des öffentlichen Diens- tes bluten lassen, die in der Krise Herausragendes leisten“, machte Silberbach deutlich. „Vom Beifallklatschen allein können unsere Leute ihre Miete und steigende Lebens- haltungskosten nicht finanzie- ren“, sagte Silberbach und be- tonte die Entschlossenheit der Beschäftigten und des dbb, mit der man in die Einkom- mensrunde gehe, insbesondere auch in Bezug auf die Bundes- beamten: „Eine zeit- und in- haltsgleiche Übertragung des Tarifabschlusses auf die Beamten ist für uns nicht ver- handelbar.“ << Alles Schall und Rauch? Enttäuscht hat die dbb jugend auf die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber reagiert, die Einkommensrunde für die rund 2,5 Millionen Beschäftig- ten bei Bund und Kommunen vor dem Hintergrund der Corona-Krise zeitlich zu ent­ zerren. „Dass die Arbeitgeber schon jetzt auf stur schalten und in der aktuellen Krisen­ situation keinerlei Signale für eine konfliktfreie Verständi- gung senden, ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten, die noch immer bis zum Hals mitten im Corona-Krisen- management stecken“, kriti- sierte die dbb jugend-Vorsit- zende Karoline Herrmann am 18. Juni 2020 in Berlin. „Ganz wichtig wäre jetzt ein kurzfristiges Zeichen der Wert- schätzung gewesen, über alles Weitere hätte man später reden können“, stellte Herr- mann klar. „Doch nach dem Klatschen kommt nun die Klat- sche! Die Beschäftigten jetzt in eine Auseinandersetzung zu nötigen, zeugt von einer Dop- pelzüngigkeit, die wir in dieser Deutlichkeit nicht erwartet hätten. All die Lippenbekenntnisse zu den systemrelevanten Be- schäftigten, den ‚Heldinnen und Helden des Alltags‘ – alles Schall und Rauch. Das Motto lautet wieder mal ,Wertschät- zung nach Kassenlage‘, aber da spielen wir nicht mit“, betonte die dbb jugend-Chefin, die auch Mitglied der dbb Bundes- leitung ist. „Wir werden für die Kolleginnen und Kollegen, die das Land am Laufen gehalten und das Leben und die Gesundheit der Men- schen geschützt haben und dies auch in diesemMoment und künftig tun, kämpfen und sind überzeugt, dass die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dabei hinter uns steht“, so Herrmann weiter. Wenn der Verweis auf vermeintliche Arbeitsplatzsicherheit und leere Kassen die einzige Antwort der Arbeitgeberseite auf die Herausforderungen sei, vor denen Staat und Verwaltung stehen, sei das „ziemlich arm­ selig, rückwärtsgewandt und spalterisch. Deutschland ver- dient einen leistungsfähigen, krisen- und zukunftsfesten öffentlichen Dienst. Und der hat seinen Preis“, so Herrmann. << Die dbb jugend-Chefin Karoline Herrmann kündigte einen ent- schlossenen Kampf für die spür- und messbare Wert­ schätzung der Beschäftigten von Bund und Kommunen an. © Jürgen Brandt © Colourbox.de / stockwerk-fotodesign nachrichten/tarifpolitik Gesetzlicher Mindestlohn Geplante Anhebung begrüßenswert Der dbb unterstützt die Empfehlung, den gesetzlichen Mindestlohn schrittweise auf 10,45 Euro zu erhöhen. „Gerade in der derzeitigen Kri- sensituation ist es ein wichtiges Signal, dass sich Gewerkschafts- und Arbeitgebervertreter ge- meinsam auf eine Erhöhung des Mindestlohns geeinigt haben“, erklärte Volker Geyer, stellver- tretender Bundesvorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik, am 1. Juli 2020 in Berlin. „Die Bewältigung der Krise darf nicht auf Kosten der­ jenigen gehen, die ohnehin schon besonders unter den wirtschaftlichen Auswirkun- gen der Corona-Pandemie zu leiden hatten – etwa durch Kurzarbeit“, betonte der dbb Tarifchef. Auch den Beschäf- tigten mit geringerem Entgelt werde damit wieder eine Per­ spektive geboten. Die höhe- ren Entgelte werden nicht zu- letzt auch zu einer Erhöhung der Kaufkraft und damit zur weiteren Erholung der Wirt- schaft beitragen. Perspektivisch setzt sich der dbb allerdings für eine deutlichere Erhöhung des gesetzlichen Min- destlohns ein. „Der Mindest- lohn soll einen auskömmlichen Lebensunterhalt sichern und Altersarmut vorbeugen“, so Geyer weiter. „Dafür ist auch ein Mindestlohn von dann 10,45 Euro noch nicht ausreichend.“ Der Mindestlohn soll gemäß der Empfehlung der Mindest- lohnkommission, die aus Ver- treterinnen und Vertretern von Gewerkschaften, Arbeitgeber- seite und Wissenschaft be- steht, von derzeit 9,35 Euro pro Stunde ab dem 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro, ab dem 1. Juli 2021 auf 9,60 Euro, ab dem 1. Januar 2022 auf 9,82 Euro und ab dem 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro steigen. Die Min- destlohnkommission gibt alle zwei Jahre eine Empfehlung zur Entwicklung des Mindest- lohns ab und orientiert sich da- bei an der Tarifentwicklung. Die Erhöhung des Mindest- lohns muss von der Bundesre- gierung noch durch Rechtsver- ordnung umgesetzt werden. dbb > dbb magazin | Juli/August 2020 8

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