dbb magazin 7-8/2020

drei fragen an ? ? ? drei fragen an ... . Sabine Weiss, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Flexibel gegen den Pflegefachkräftemangel 1 Der dbb unterstützt die Initiative des Pflegebevoll- mächtigten der Bundesregie- rung, Andreas Westerfellhaus, zur stärkeren Budgetierung von Leistungen für die häusliche Pflege, um unter anderem die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu fördern. Kann ein Entlastungsbudget pflegende Angehörige unterstützen und zum Beispiel den Einsatz aus- ländischer Haushaltshilfen erleichtern? Die Einführung eines Entlas- tungsbudgets haben wir uns im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode vorgenommen. Ich freue mich, dass breit darüber diskutiert wird, wie ein solches Entlas- tungsbudget im Detail ausse- hen könnte. Es gibt zum Bei- spiel die Idee, die Leistungen für teilstationäre Pflege, Ver- hinderungs- und Kurzzeitpfle- ge sowie den bereits jetzt exis- tierenden Entlastungsbetrag – oder Teile davon – in einem Budget zusammenzuführen, sodass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen den Gesamt- betrag möglichst flexibel ver- wenden können. Auch könnte es passieren, dass der Budgetbetrag bereits früh im Jahr ausgeschöpft ist, aber später noch Leistungen ge- braucht werden, für die das Budget eigentlich auch vorge­ sehen ist. Abgesehen von solch praktischen Fragen ist die finan- zielle Dimension zu beachten: Je größer die Flexibilisierung und damit die Annäherung an eine Pflegegeldleistung, umso höher sind die finanziellen Aus- wirkungen auf die Pflegever­ sicherung. Auch die Frage, ob ein Entlastungsbudget für die Beschäftigung ausländischer Haushaltshilfen verfügbar gemacht werden soll, hängt davon ab, wie weit wir mit der Flexibilisierung gehen wollen. Kurzum: Die Einführung eines Pflegebudgets ist auf den ers- ten Blick verlockend, bedarf aber noch sorgfältiger Prüfun- gen und Abwägungen. 2 Ein besonderer Fokus des Fachkräfteeinwande- rungsgesetzes liegt darauf, ausländische Pflegekräfte bei- spielsweise mit Deutschkursen bereits im Heimatland aktiv auf eine schnelle Arbeitsauf- nahme in Deutschland vorzu- bereiten. Unabhängig von möglichen Sprachbarrieren ist die Pflegeausbildung bereits innerhalb der EU sehr unter- schiedlich. Wie beurteilen Sie die Ausbildungsstandards in Staaten außerhalb der EU? Es gibt so viele unterschied- lichste Ausbildungen außer- halb der EU, da wäre ein pau- schales Urteil fehl am Platz. Für alle Pflegefachkräfte aus Drittstaaten gilt, dass ihre Ab- schlüsse gleichwertig mit der deutschen Berufsausbildung sein müssen. Lücken können durch Qualifizierungsmaßnah- men in Deutschland ausgegli- chen werden. Dies wird im Ein- zelfall geprüft, bevor ein Visum ausgestellt wird. Außerdem müssen Pflegefachkräfte be- reits bei der Einreise in unser Land gut Deutsch sprechen und mit dem Visumsantrag ein Sprachzertifikat einreichen. 3 Die Kranken- und Alten­ pflege leidet stark unter Fachkräftemangel. Neben einer Attraktivitätssteigerung durch verbesserte Arbeitsbedingun- gen und Bezahlung wird häufig auch die Anwerbung von Pfle- gefachkräften aus sogenann- ten Drittstaaten ins Spiel ge- bracht. Können Sie Näheres berichten? Viele Gesundheitseinrichtungen suchen wegen des Personal- mangels hierzulande Pflege- fachkräfte im Ausland. Die Bun- desregierung unterstützt sie dabei. Am 1. März 2020 ist das Fachkräfteeinwanderungsge- setz in Kraft getreten, das Un- ternehmen und Fachkräften aus Drittstaaten die Möglichkeit gibt, das Einreiseverfahren zu verkürzen. Arbeitgeber können mit Vollmacht der Fachkraft ein beschleunigtes Fachkräftever- fahren bei der zuständigen Aus- länderbehörde beantragen. Auch die Anerkennung der aus- ländischen Qualifikation kann dadurch beschleunigt werden. Es ist richtig, dass Bundesge- sundheitsminister Spahn und ich unsere besondere Aufmerk- samkeit auf Mexiko und die Phi- lippinen richten. In beiden Län- dern werden deutlich mehr Pflegekräfte ausgebildet, als der heimische Arbeitsmarkt aufnimmt. Außerdem ist die Ausbildung sehr gut und viele Pflegefachkräfte in diesen Län- dern haben ein großes Interesse daran, in Deutschland zu arbei- ten. Schauen wir auf die Philip- pinen, das Land ist seit fast 30 Jahren meine zweite Heimat. Ich bin oft vor Ort und kenne die Menschen dort. Ihre freund- liche und zugewandte Art ist schon fast sprichwörtlich. Diese Menschen wären eine Bereiche- rung für unser Land, insbeson- dere für die zu pflegenden Frau- en und Männer. Gemeinsammit den Bundes- ländern und dem Auswärtigen Amt arbeiten wir daran, die Verfahren zu beschleunigen, damit diese Pflegefachkräfte aus Drittstaaten schnell nach Deutschland kommen können, sobald die Grenzen wieder of- fen sind. © BMG << Sabine Weiss 27 dbb > dbb magazin | Juli/August 2020

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