dbb magazin 7-8/2020

gastbeitrag GASTBEITRAG Grundrente Rentenversicherung muss 3000 neue Stellen besetzen Wer viele Jahre gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient hat, be- kommt künftig eine Grundrente. Darauf hat sich der Deutsche Bundestag Anfang Juli verständigt. Entschieden wurde, dass die Rentenversicherung die Reform umsetzen soll. Bereits seit 2019 laufen die Vorbereitungen bei uns auf Hochtouren. Obwohl wir alle Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, bleibt die Umsetzung sehr auf- wendig. Aus den knapp 26 Mil- lionen Renten sind diejenigen herauszufiltern, bei denen ein Anspruch auf Grundrente be- stehen könnte. Das ist eine be- sondere Herausforderung, da in den teils schon sehr alten Versicherungskonten nicht alle Informationen so aufbereitet sind, wie sie für die Grundren- tenprüfung benötigt werden. << Datenaustausch für schnellere Abwicklung Damit die bei der Grundrente vorgesehene Einkommens­ prüfung weitestgehend auto- matisiert erfolgen kann, wird derzeit ein Datenaustausch­ verfahren zwischen der Finanz- verwaltung und den Renten- versicherungsträgern neu entwickelt. Dabei kann auf keinem vergleichbaren Ver­ fahren aufgebaut werden. Wir profitieren jedoch von Er- fahrungen und Vorgehenswei- sen aus demMeldeverfahren mit der Zentralen Zulagenstel- le für Altersvermögen, das in unserem Haus angesiedelt ist und die Riester-Förderung aus- zahlt. Mit den dort angewand- ten Techniken zur Datenüber- tragung kann auch für den Datenaustausch zur Grundren- te ein sehr hoher Automatisie- rungsgrad erreicht werden. Für unsere internen IT-Verfah- ren bedeutet dies jedoch, dass sie deutlich komplexer werden. Vor einem Einsatz ist daher eine sorgfältige und umfas­ sende Testung zwingend er­ forderlich. Liegt der Wohnsitz der An- spruchsberechtigten im Aus- land, kann eine automatisierte Berechnung nicht erfolgen. Auch bei der Ermittlung von Kapitalerträgen ist ein automa- tisierter Datenabgleich unmög- lich. Das erhöht den ohnehin vorhandenen Bedarf an quali­ fiziertem Personal erheblich. << Personalbedarf und Verwaltungskosten Die Umsetzung der Grundren- te ist mit einem erheblichen personellen Mehrbedarf ver- bunden. Wir gehen davon aus, dass die Rentenversicherungs- träger allein im Einführungs- jahr mehr als 3000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter benötigen werden. Langfristig planen wir mit rund 1700 Mitarbeitern, die für die laufende Umsetzung der Grundrente erforderlich sind. Die Verwaltungskosten für die Umsetzung des Grund- rentengesetzes resultieren im Wesentlichen aus dem Perso- nalmehrbedarf. Allein im Ein- führungsjahr liegen sie für die Rentenversicherung voraus- sichtlich bei über 400 Mil­ lionen Euro. << Personalanforderungen In der Rentenversicherung haben wir regelmäßig einen hohen Bedarf an Fach- und Nachwuchskräften, gleichzei- tig befindet sich der Arbeits- markt momentan in einer schwierigen Lage. Für die Be­ arbeitung des Grundrenten­ zuschlags haben wir unser Recruiting daher nochmals intensiviert und werben of­ fensiv auf vielfältigen Kom­ munikationskanälen für uns als attraktive Arbeitgeberin. Es werden möglichst erfahrene Mitarbeitende benötigt, mit umfassenden Kenntnissen im Versicherungs- beziehungswei- se Beitragsrecht sowie im Leis- tungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie sollten darüber hinaus auch über steu- errechtliches und verfahrens- rechtliches Wissen verfügen. Um diesen Anforderungen ge- recht zu werden, wird es spezi- elle Schulungen sowohl für Stammmitarbeitende als auch für neu eingestelltes Personal geben. << Informationen zur Grundrente Selbstverständlich hat eine Rundum-Information sowohl unserer Versicherten als auch der Rentnerinnen und Rentner eine große Bedeutung. Wir ha- ben daher eine intensive Pres- searbeit zur Grundrente ge- startet. Daneben bieten wir auf der Website der Deutschen Rentenversicherung eine Son- derseite mit den wichtigsten Informationen zu dem Thema an. Wir geben hier Antworten auf häufig gestellte Fragen und haben eine Broschüre mit Bei- spielsrechnungen sowie einen Erklärfilm zur Grundrente ein- gestellt. Darüber hinaus nut- zen wir unsere Social-Media- Känale und berichten in unserer Kundenzeitschrift „zukunft jetzt“. << Zeitplan: Erste Bescheide ab Mitte 2021 Das Grundrentengesetz wird am 1. Januar 2021 in Kraft tre- ten. Mit dem Versand der ers- ten Grundrentenbescheide ist Mitte nächsten Jahres zu rech- nen. Er erfolgt an Rentnerin- nen und Rentner, die neu in Rente gehen. Die Bestands- rentner werden – beginnend mit den ältesten Jahrgängen – ihre Bescheide voraussicht- lich in einem Zeitraum bis Ende 2022 erhalten. Beträge, auf die bereits ab Januar 2021 ein Anspruch besteht, werden automatisch nachgezahlt. Ein Antrag auf Grundrente muss nicht gestellt werden. Die Rentenversicherung prüft für alle Rentenbezieher, ob ein Anspruch besteht, und zahlt den Zuschlag zur Rente auto- matisch. Dr. Stephan Fasshauer << Der Autor . . ist Direktor der Deutschen Rentenversicherung Bund © Colourbox.de © Bildarchiv DRV Bund / Nürnberger 19 dbb > dbb magazin | Juli/August 2020

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