dbb magazin 6/2020

die pandemie als digitalisierungsmotor Gesundheitswesen Druck führt zu Digitalisierung Wenig überraschend ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen in den vergangenen Wochen und Monaten mit am weitesten vorangeschritten – weil dort der Druck besonders hoch war. Dennoch ist Deutschland weiterhin digitales Entwicklungsland – die Potenziale sind enorm. Dass die Digitalisierung des Gesundheitssystems in den vergangenen Wochen Fahrt aufgenommen hat, steht au­ ßer Frage. Das lässt sich unter anderem daran festmachen, wie viele Plattformen und Apps im Gesundheitssektor derzeit entstehen. Neben der medial prominent begleiteten Corona-App, die dabei helfen soll, Infektionsketten nachzu­ vollziehen, hat das dem Bun­ desgesundheitsministerium nachgeschaltete Robert Koch- Institut (RKI) im April bereits eine weitere App herausge­ bracht, die mithilfe der Daten von Fitnessarmbändern und Smartwatches Erkenntnisse über die Verbreitung des Coronavirus sammeln soll. Doch bei diesen beiden Appli­ kationen handelt es sich nur um die prominentesten Bei­ spiele für konkrete Projekte, die derzeit im Gesundheits­ system digitalisiert werden. Weitere Plattformen entste­ hen gerade im Zuge des Hacka­ thons #wirvsvirus (Wir gegen das Virus; weitere Informatio­ nen hierzu finden Sie auf den Seiten 40 und 41). Knapp 50 Ideen für digitale Lösungen im Gesundheitssektor werden dort in mehreren Programmen realisiert. Zwei der Erfolg ver­ sprechendsten darunter lauten „Pflegesterne“ und „Remedy­ Match“, die in einem Überhol­ spur-Programm innerhalb von acht Wochen umgesetzt wer­ den. „Pflegesterne“ ist eine Vermitt­ lungsplattform von ehemaligen qualifizierten Pflegekräften mit suchenden Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Pfle­ gediensten. Bundesweite Lot­ senstellen sollen helfen, das Pflegepersonal reibungsarm und schnell zu vermitteln. „RemedyMatch“ ist das Pen­ dant zu „Pflegesterne“, wenn es ummedizinische Schutz­ artikel geht. Hier sollen der Bestand und der Bedarf etwa von Schutzmasken, Einweg­ handschuhen oder Desinfek­ tionsmitteln bestmöglich ab­ geglichen werden. Darüber hinaus jedoch entwickelt das zuständige Team eine Progno­ sefunktion, um die Güter mög­ lichst ressourcenschonend und nachhaltig umzuverteilen. Den gerade langfristig größ­ ten Einfluss könnte aber der Zusammenschluss mehrerer Akteure des Gesundheits­ wesens zur Initiative „Corona Component Standards“, kurz COCOS, haben. Unter den Partnern sind unter anderem das Bundesministerium für Gesundheit mit dem RKI so­ wie dem health innovation hub (hih), die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Chari­ té sowie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin­ produkte. Ziel des Zusammenschlusses ist es, Standards festzulegen, mit denen die Programme un­ terschiedlicher Unternehmen miteinander verknüpft werden können. Durch diese einheit­ liche Struktur und Formatie­ rung wären die Datensätze vergleichbarer und könnten sinnvoll zusammengeführt werden. Eine solche Interope­ rabilität soll insbesondere für universitäre Forschungsdaten erstellt werden, damit auf die­ ser Basis Apps und Plattformen für das Nationale Forschungs­ netzwerk gegen COVID-19 aus­ geschrieben werden können, zu dem sich alle deutschen Unikliniken und weitere For­ schungszentren im Gesund­ heitswesen zusammen­ geschlossen haben. „Das, was in den letzten zehn Wochen in Sachen digitaler Medizin, digitaler Technolo- gien und Anwendungen im Gesundheitsumfeld möglich geworden ist, darüber haben wir lange, lange diskutiert“, er­ klärt Jörg Debatin, Leiter des hih, im Deutschen Ärzteblatt und meint damit auch das neu geschaffene, digitale Intensivbettenregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin. © Colourbox.de 16 > dbb magazin | Juni 2020

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==