dbb magazin 4/2020

Gendergerechtes Steuerrecht Gleichstellung über Steuern Wie muss ein gendergerechtes Steuerrecht ausgestaltet sein, damit Männer und Frauen gleichermaßen profitieren? Diese Frage stand imMittel- punkt des Fachaustausches der Vorsitzenden der dbb bun- desfrauenvertretung, Helene Wildfeuer, und der Bundesvor- sitzenden der DSTG-Bundes- frauenvertretung, Milanie Hengst, mit der Finanzpoliti- schen Sprecherin der Bundes- tagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Lisa Paus, am 19. Februar 2020 in Berlin. „Gender Mainstreaming und Gender Budgeting müssen auch im Steuerecht geltend gemacht werden. Von der aktuellen Gesetzgebung zur Besteuerung von Ehen und eingetragenen Lebenspartner- schaften profitiert derzeit der besserverdienende Partner überverhältnismäßig. Da müs- sen wir ran. Steuerliche Vor­ teile müssen in der Wirkung beiden Eheleuten gleicherma- ßen zugutekommen und zwar auch über die Dauer einer Part- nerschaft hinaus“, betonte Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertre- tung. Paus erwiderte, dass die Forderung nach einem gender­ gerechten Steuerrecht auch wichtiger Bestandteil des Parteiprogramms von Bün- dnis 90/Die Grünen sei. Nach Auffassung von Milanie Hengst sei vor allem das Ehe- gattensplitting reformbedürf- tig. Grundsätzlich sollten künf- tig Familien, in denen Kinder großgezogen werden, vorrangig von Splittingvorteilen bei der Einkommensbesteuerung profi­ tieren. „Wir müssen den Fokus auf die Kinder richten. Familie heißt, sich umeinander zu küm- mern. Auch Alleinerziehende und Alleinpflegende müssen steuerlich bessergestellt wer- den“, so Hengst. Gelingen kön- ne dies etwa mit der besseren steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten in Form von Werbungskosten und einem höheren Kinderfreibe- trag sowie der Erhöhung des Entlastungsbetrags für Allein­ erziehende. << Lohnsteuerklasse V abschaffen Die dbb bundesfrauenvertre- tung macht sich zudem für die Abschaffung der Lohnsteuer- klasse V stark – zugunsten einer Standardisierung der Lohnsteuerklassenkombinati- on IV/IV mit Faktor für Ehen und eingetragene Lebenspart- nerschaften. „Aufklärung und Information tut hier dringend Not: Wer zahlt bei welcher Kombination wie viel Steuern? Gleiches gilt auch für die jewei- lige Wirkung des Ehegatten- splittings, denn der Splitting- effekt wirkt unterschiedlich, weil er einkommensabhängig ist. Bezüglich einer eventuellen Änderung des Ehegattensplit- tings steht ein Schutz der be- stehenden Ehen außer Frage“, stellte Wildfeuer heraus und sprach sich für eine Übergangs- regelung für bestehende Ehe- verhältnisse aus. Bündnis 90/Die Grünen prä­ ferieren in diesem Punkt ein Wahlrecht. Eltern, die bereits verheiratet oder verpartnert sind, sollen, ginge es nach den Grünen, künftig zwischen dem alten Ehegattensplitting und dem neuen Modell wählen können. Bündnis 90/Die Grü- nen schlägt einen Familientarif plus Kindergrundsicherung vor. So profitierten die meisten Familien deutlich und niemand werde schlechtergestellt als bisher, erläuterte Paus. << Umsetzung mitdenken Hengst wies in diesem Zusam- menhang auf die Machbarkeit der dringenden Reformen im Steuerrecht hin. „Die Digitali­ sierung der Steuerverwaltung muss mitgedacht werden. Jede strukturelle Änderung imGesetz hat einen Effekt auf das gesam- te System und hält zusätzliche Belastungen für die Steuerver- waltung parat. Das müssen wir bei jeder Steuerreform berück- sichtigen“, so Hengst. frauen << Steuerpolitisches Fachgespräch: Milanie Hengst, Bundesvorsitzende der DSTG-Bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer, Vorsitzende dbb bundesfrauenvertretung, und Lisa Paus, Finanzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen (von links) © Birgit Strahlendorff/dbb << Spitzentreffen der Frauenorganisationen
 Die gleiche Teilhabe von Männern und Frauen an Führungspositio- nen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung hat die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer (vorne, Zweite von links neben Bundesfamilienministerin Franziska Giffey) bei einem Spitzentreffen der Frauenorganisationen am 5. März 2020 im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) angemahnt. „Wie schaffen wir es, Frauen und Männer in allen Bereichen gleichermaßen an der Gestaltung der Zukunft un- seres Landes zu beteiligen? Indem wir Männer und Frauen gleich- berechtigt in politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und die Familie betreffende Entscheidungen einbeziehen und Parlamente ebenso wie Aufsichtsräte, Vorstände und andere Gremien ge- schlechterparitätisch besetzen – wenn es sein muss auch mithilfe einer festen Quotenregelung“, machte Wildfeuer deutlich. © BMFSFJ 40 dbb > dbb magazin | April 2020

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==