dbb magazin 4/2020

etwa in Arbeitsämtern, in sozialen Diensten oder bei Ge- richtsvollziehern und anderen Berufsgruppen zu beklagen, die direkten Klientenkontakt ha- ben. Andererseits geht das im Beruf Erlebte auch bei Einsatz- und Rettungskräften oder beim Fahrpersonal oft nicht spurlos an den Kolleginnen und Kolle- gen vorüber, etwa bei schweren Unfällen und Katastrophen. Da- raus resultierende Erkrankun- gen müssen unbedingt als an- erkennungsfähig eingestuft werden.“ << Die Probleme sind praktischer Natur Dass die Anerkennung einer Berufskrankheit schwierig und langwierig sein kann, wissen auch dbb Mitglieder. „Zuletzt haben wir ein Verfahren erfolg- reich abgeschlossen, das wir für einen Kollegen aus dem Stra- ßenverkehrsdienst begleitet haben“, berichtet Hermann-Josef Siebigteroth, Bundesvor- sitzender der VDStra.-Fachge- werkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten. „Es ging um eine Erkrankung an weißem Hautkrebs, die am Ende als berufsbedingt aner- kannt wurde.“ Aber nicht nur wetterbedingte körperliche Schäden sind bei Straßenwär- terinnen und Straßenwärtern häufig. Auch Lärm und dessen Folgen sind ein Thema: „Wir ha- ben zur Zeit noch ein offenes Verfahren mit der Rentenversi- cherung, wo die Anerkennung einer Lärmschwerhörigkeit sei- tens der Landesunfallkasse Bay- ern zwar erfolgte, aber eine Rentenzahlung diesbezüglich abgelehnt wurde.“ Die Dienstleistungszentren des dbb, die Rechtsschutzfäl- le für dbb Mitglieder durch- fechten, haben es von Zeit zu Zeit ebenfalls mit Be- rufskrankheiten zu tun. „Eine Grundproblema- tik beim Kampf um die Anerkennung einer berufsbedingten Er- krankung ist, dass die konkreten Be- blickpunkt lastungen, unter denen die Mitarbeiter arbeiten müssen, von Arbeitgebern und Dienst- herrn zu gegebener Zeit oft nicht dokumentiert und keine Gefährdungsbeurteilungen er- stellt werden“, erklärt Rechts- anwältin Cornelia Schüddekopf vom dbb Dienstleistungszen­ trum Nord in Hamburg. „Jahre später besteht dann die Proble- matik, dass nicht mehr bewie- sen werden kann, welche kon- kreten Belastungen, wie zum Beispiel Krafteinwirkungen auf die Lendenwirbelsäule, tat- sächlich vorgelegen haben.“ Problematisch sei auch die Fra- ge der Ursache für die jeweilige Tätigkeitsaufgabe. „Zumindest in einigen Fällen leiden die Be- troffenen unter verschiedenen Erkrankungen, von denen nur eine als Berufskrankheit gel- tend gemacht wird“, so Schüd- dekopf weiter. Was die Anerkennungsmoda­ litäten für Berufskrankheiten betrifft, gibt es im Beamten- recht übrigens keine Sonder­ regelungen, sodass die Aner- kennung etwaiger Erkran- kungen nach den gleichen Kriterien behandelt wird wie bei Tarifbeschäftigten. Die Dienstherrn berufen sich in diesem Fall auf die Regelungen der gesetzlichen Unfallversi- cherung und behandeln die Erkrankung als „Dienstunfall“. Im Beamtenversorgungsgesetz heißt es dazu: „Erkrankt ein Be- amter, der wegen der Art sei- ner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Er- krankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Ver- hältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland beson- ders ausgesetzt war“ (§ 31 Abs. 3 BeamtVG des Bundes). << Fürsorgepflicht ernst nehmen So weit die Theorie. In der ba- den-württembergischen Lan- desjustiz zum Beispiel wird statt von Berufsunfähigkeit von Dienstunfähigkeit gespro- chen. „Wenn der Gang zum Amtsarzt aufgrund längerer Erkrankung angeordnet wird, endet das entweder mit der Feststellung von Teildienstfä- higkeit oder Dienstunfähig- keit“, erläutert Reinhard Ring- wald, Landesvorsitzender der Deutschen Justiz-Gewerkschaft (DJG) Baden-Württemberg. Umschulungen oder ähnliche Maßnahmen gebe es in beiden Fällen aber nicht. „Die Betrof­ fenen müssen dann mit dem Einkommen, das ihnen bei Dienstunfähigkeit bleibt, aus- kommen“, kritisiert Ringwald, dem zudem aufgefallen ist, dass gerade Beamte des mittle- ren Dienstes sehr schnell zum Amtsarzt geschickt werden. „Traurig dabei ist, dass es Fälle gibt, in denen Mitarbeiter 30 und 40 Jahre ihr letztes Hemd gegeben und nicht auf ihre Gesundheit geachtet haben. Zieht der Körper die Notbremse und physische oder psychische Krankheitsbilder gewinnen die Überhand, ist das Ende der Gang zum Amtsarzt.“ Ringwald bemängelt, dass die Dienst- herrn ihrer Fürsorgepflicht oft nicht genügend nachkommen: „Wo sind Verwaltungsleiter und Behördenvorstände, die Betroffenen rechtzeitig signali- sieren, dass sie mit dauerhaf- ten Überstunden abends und amWochenende kürzer treten sollen? Das wäre vernünftige Prävention.“ br © Colourbox.de 34 dbb > dbb magazin | April 2020

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