dbb magazin 4/2020

gesundheitspolitik Öffentlicher Dienst Die Erschöpfung nimmt zu Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind partiell häufiger von einer hohen Arbeitsintensität betroffen als Beschäftigte in anderen Wirtschaftsbereichen. Das zeigt ein neues Faktenblatt der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Während 67 Prozent der Be- schäftigten im öffentlichen Dienst davon berichten, häufig verschiedene Arbeiten gleich- zeitig betreuen zu müssen, sa- gen dies in der Industrie nur 58 Prozent und im Handwerk nur 50 Prozent der Beschäftig- ten. Ebenso berichten Beschäf- tigte im öffentlichen Dienst häufiger als Beschäftigte in an- deren Wirtschaftsbereichen davon, dass sie bei ihrer Arbeit oft unterbrochen werden oder dass sie häufig an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbei- ten. Die Zahlen stammen aus einer aktuellen Auswertung der Erwerbstätigenbefragung 2018 des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) und der BAuA, die auf Angaben von 17000 abhängig Beschäftigten in Deutschland basieren. Die Zahlen zeigen darüber hin- aus, dass sich Berufstätige im öffentlichen Dienst durch psy- chische Anforderungen häufiger belastet fühlen als Beschäftigte in anderenWirtschaftsberei- chen. Für 83 Prozent der Be- schäftigten im öffentlichen Dienst ist es demnach belas- tend, ständig an der Grenze der eigenen Leistungsfähigkeit zu arbeiten. Zwar sind die Beschäf- tigten im öffentlichen Dienst seltener von Termin- und Leis- tungsdruck betroffen, empfin- den diese Anforderung aber zu 75 Prozent als Belastung – acht Prozent mehr als der Durch- schnitt aller Beschäftigten. 65 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind durch häufige Störungen und Unterbrechungen bei der Arbeit belastet – imDienstleistungs­ bereich und imHandwerk sind es jeweils nur 57 Prozent. In der BIBB/BAuA-Erwerbstäti- genbefragung 2018 wurden zu- dem verschiedene gesundheit­ liche Probleme abgefragt. Be- troffene im öffentlichen Dienst berichteten hierbei häufiger von allgemeiner Müdigkeit, Mattigkeit oder Erschöpfung (52 Prozent), von nächtlichen Schlafstörungen (34 Prozent) oder Kopfschmerzen (39 Pro- zent). „Die Zahlen verwundern mich nicht“, kommentiert der Bun- desvorsitzende des dbb, Ulrich Silberbach, die Ergebnisse der Erhebung. „Der dbb und seine Fachgewerkschaften weisen seit Jahren darauf hin, dass die Arbeitsverdichtung in weiten Teilen des öffentlichen Diens- tes als Folge von Personalman- gel, Überalterung und man- gelnder Nachwuchsgewinnung mittlerweile zu Arbeitsbedin- gungen geführt hat, die für die Betroffenen nicht mehr gesund sind.“ Silberbach unterstrich das Fazit der Studie, nach dem die gesundheitlichen Folgen der Arbeitsverdichtung ein wichtiges Thema für den Ar- beits- und Gesundheitsschutz darstellen: „Wenn eine von ei- nem Bundesamt veröffentlich- te Untersuchung zu dem Ergeb- nis kommt, dass Beschäftigte im Rahmen der Gefährdungs- beurteilung nach dem Arbeits- schutzgesetz stärker in die Belastungsanalysen und die Maßnahmenableitung einbe­ zogen werden müssen, ist das aber nur eine Seite der Medail- le.“ Auf der anderen Seite kön- ne die Situation nicht allein mit der Nutzung aller arbeitsrecht- lichen und organisatorischen Gestaltungskompetenzen ent- schärft werden. „Flankierend müssen die öffentlichen Arbeit- geber und Dienstherren in Bund und Ländern schneller mehr qualifiziertes Personal gewinnen. Das wiederumwird nur gelingen, wenn die Jobs im öffentlichen Dienst die in der Wirtschaft nicht in Sachen Stresslevel überholen und bei Attraktivität und Bezahlung gleichziehen.“ << Die BAuA . . ist eine Ressortforschungs- einrichtung im Geschäftsbe- reich des Bundesministeri- ums für Arbeit und Soziales (BMAS). Sie betreibt For- schung, berät die Politik und fördert den Wissenstransfer im Themenfeld Sicherheit und Gesundheit bei der Ar- beit. Zudem erfüllt die Ein- richtung hoheitliche Aufga- ben im Chemikalienrecht und bei der Produktsicherheit. Das Faktenblatt „Öffentlicher Dienst: hohe Arbeitsintensi- tät, starke Belastung“ gibt es als PDF im Internetangebot der BAuA unter www.baua.de/ publikationen. © Colourbox.de/Kzenon 20 > dbb magazin | April 2020

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