dbb magazin 6/2019 - page 9

nachrichten
Kritik am „Hamburger-Modell“
Beihilfe bleibt Attraktivitätsfaktor
In der Regel werden Landesregierungen von Gewerkschafts­
vertretern des öffentlichen Dienstes auf ihren Veranstaltun­
gen eher kritisiert und mit Forderungen konfrontiert. Umso
wichtiger war es dbb Vize Friedhelm Schäfer, sein Grußwort
vor dem Hauptausschuss des Bayerischen Beamtenbundes
am 15. Mai 2019 in München „ausnahmsweise“ mit Lob und
Dank an die Bayerische Staatsregierung zu beginnen.
Schäfer lobte die Staatsregie­
rung „für die konsequente
Stützung und Fortentwicklung
des Berufsbeamtentums und
die eingeleiteten Attraktivi­
tätssteigerungen im Beamten­
bereich. Beispielhaft dafür ist
das bayerische Dienstrecht,
das flexibel und zukunftsge­
richtet ausgestaltet worden
ist.“ Die effektive fachliche und
politische Einflussnahme des
Bayerischen Beamtenbundes,
so Schäfer weiter, wird für die
positive Entwicklung in Bayern
„sicher hilfreich gewesen sein“.
Einigkeit zwischen der Landes­
regierung in München und dem
dbb bestehe auch beim Thema
Beihilfe und in der kritischen
Bewertung des sogenannten
„Hamburger-Modells“. Schäfer:
„Die herkömmliche Beihilfe, die
den anteiligen Aufwendungs­
ersatz beinhaltet, ist ein bedeu­
tender Attraktivitätsfaktor des
Berufsbeamtentums, der mit
Blick auf das Erfordernis, Nach­
wuchskräfte zu finden und zu
binden, kommuniziert statt
konfisziert werden sollte.“ Die
durch das „Hamburger-Modell“
gewollte, veränderte Wahlmög­
lichkeit führe zudem zu wesent­
lichen Einschränkungen bei der
Wahl des Dienstherrn, so der
dbb Vize weiter. „Nach bisheri­
ger Positionierung der überwie­
genden Mehrheit der 17 Ge­
bietskörperschaften ist nicht
davon auszugehen, dass es ei­
nen gemeinsamen Weg geben
wird. Die Folge: Insellösungen,
die bei einemWechsel in eine
Gebietskörperschaft ohne pau­
schale Beihilfe mit erheblichen
Nachteilen verbunden wären.“
Außerdem handele es sich
beim „Hamburger-Modell“ um
ein einmaliges Wahlrecht, das,
würde es zugunsten der pau­
schalen Beihilfe ausgeübt, mit
einem unwiderruflichen Ver­
zicht auf eigentlich zustehen-
de Fürsorgeleistungen des
Dienstherrn verbunden wäre,
und zwar für den gesamten
verbleibenden Berufsweg.
Den jungen Menschen würde
damit zu Beginn ihres Berufs­
lebens eine unumkehrbare
Entscheidung abverlangt,
deren tatsächliche Auswir­
kungen zu diesem Zeitpunkt
gar nicht absehbar wären.
Schäfer: „Der dbb ignoriert
nicht, dass es trotz der auch
aktuell wieder verbesserten
Zugangsbedingungen der PKV
problematische Einzelfälle ge­
ben kann, in denen eine nach­
teilige Situation zu verzeich-
nen ist. Jedoch sollten diese
Einzelfälle nicht instrumenta­
lisiert werden, um ein grund­
sätzlich bewährtes System in­
frage zu stellen. Vielmehr gilt
es, Lö
sungen innerhalb des
Systems – Beihilfe und/oder
PKV – zu entwickeln, die aus­
schließlich auf den betroffenen
Personenkreis beziehungswei­
se diese Einzelfälle zugeschnit­
ten sind. Defizite eines einzel­
nen Systems – in diesem Falle
die GKV – werden doch nicht
dadurch gelöst, indem dort
wei
tere Menschen hinein­
kommen. Auch sie hätten die
dort bestehenden Leistungs
­
ansprüche und für Reformen
würde durch fehlende Ver-
gleichsmöglichkeiten der
Anreiz fehlen.“
© Colourbox.de
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Alfred Krause verstorben
Der dbb beamtenbund und tarifunion
trauert um seinen ehemaligen Bun­
desvorsitzenden Alfred Krause, der am
23. Mai 2019 im Alter von 97 Jahren
verstorben ist.
Alfred Krause, geboren am 27. Januar
1922 in Gelsenkirchen, war von 1959
bis 1987 Bundesvorsitzender des dbb
und prägte in dieser Position eine gan­
ze Epoche in der Entwicklung des öf­
fentlichen Dienstes in Deutschland.
Zu den Erfolgen des dbb unter seinem
Vorsitz zählen insbesondere die Ver­
besserung der Einkommen und Pensionen der Staatsbediensteten
in den 1960er-Jahren, die nach harten Auseinandersetzungen, vor
allemmit dem damaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard, durchge­
setzt wurden. Im Rahmen der Diskussionen über die Zukunft des
öffentlichen Dienstes in den 1970er- und 1980er-Jahren setzte sich
Krause engagiert für die Stärkung des Berufsbeamtentums ein. Die
politische und gesellschaftliche Diskussion über Grundsatzfragen
des öffentlichen Dienstes förderte er durch die von ihm initiierte
und seit 1959 jeweils am Jahresbeginn durchgeführte dbb Jahresta­
gung mit dem traditionellen politischen Schlagabtausch zwischen
dbb Spitze und Bundesinnenministerium.
Gewerkschaftlich engagierte er sich seit 1949, zunächst als Mitglied
im Betriebs- und Personalrat auf Orts- und Bezirksebene, dann als
Mitglied des Hauptvorstandes der Gewerkschaft Deutscher Bundes­
bahnbeamten, Arbeiter und Angestellten (GDBA). Von 1951 bis 1959
gehörte Krause als Beisitzer, später als stellvertretender Vorsitzen­
der und schließlich ab 1959 als Bundesvorsitzender dem dbb Bun­
deshauptvorstand an. Er vertrat den dbb in zahlreichen nationalen
und internationalen Institutionen und Gremien sowie den Selbsthil­
feeinrichtungen des öffentlichen Dienstes.
Alfred Krause war verheiratet und Vater eines Sohnes. Er war Träger
des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und wurde 1993 mit
dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen geehrt.
Alfred Krause galt als engagierter Vertreter der Beschäftigten des
öffentlichen Dienstes und wurde aufgrund seiner Expertise weit
über den dbb hinaus anerkannt. Wir werden ihm ein ehrendes An­
denken bewahren und sprechen seiner Familie unsere aufrichtige
Anteilnahme aus.
© Eduard N. Fiegel
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