dbb magazin 6/2019 - page 8

EuGH-Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung
Flexibilität und Arbeitsschutz
ermöglichen
Das Arbeitszeiturteil des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) vom 14. Mai 2019 hat zu scharfen Protesten von
Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden geführt. Fried­
helm Schäfer, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Be­
amtenpolitik des dbb, hält die Aufregung für übertrieben.
Laut EuGH-Urteil müssen die
Arbeitgeber fortan sicherstel­
len, dass die tägliche Arbeits­
zeit aller Beschäftigten gemes­
sen werden kann. Das Urteil
gilt wie das zugrunde liegende
europäische Arbeitszeitrecht
auch für Beamtinnen und Be­
amte. Kritiker sprechen von
einem „Bürokratiemonster“
und vom „Ende flexibler Ar­
beitszeiten“.
„Fakt ist, dass in Deutschland
jede zweite Überstunde nicht
vergütet wird. In Europa ins­
gesamt mag dies ähnlich sein.
Der EuGH hat nichts anderes
getan, als seinen Finger in
eine Wunde gelegt, die es
zu heilen gilt“, zeigt sich
der dbb Vize überzeugt.
„Der EuGH schafft keine
Bürokratie, sondern erteilt
den Gesetzgebern den Auf­
trag, einen Missstand abzu­
stellen. Wie dies geschieht,
liegt nun bei den Parlamen­
ten, und das ist auch gut so.“
Schäfer hält eine Neuregelung
des Arbeitszeitrechts in Bund
und Ländern angesichts ge­
sellschaftlicher Veränderun­
gen hin zu einer besseren
Vereinbarkeit von Beruf und
Privatleben für angezeigt.
„Es ist
richtig, dass
wir uns Ge­
danken machen
müssen, wie wir die
modernen Arbeitsformen in
ein Arbeitsschutzkonzept be­
kommen, das zum einen die
notwendige Flexibilität ermög­
licht, zum anderen aber die Be­
schäftigten vor Ausbeutung
durch sich selbst oder den Ar­
beitgeber schützt. Dazu müs­
sen wir zusammen mit den Ar­
beitgebern Lösungen finden.
Ich habe keinen Zweifel, dass
es gelingen kann, dieses EuGH-
Urteil für eine intelligente
Recht­
setzung
zu nutzen, die
die Interessen aller Sozialpart­
ner berücksichtigt.“ Der Ge­
setzgeber könne sehr wohl
unnötige Bürokratielasten
vermeiden. „Aus dbb Sicht
ist es besonders wichtig, dass
bei einer Novelle auch die
einschlägige Rechtsprechung
des EuGHs in Sachen Bereit­
schaftsdienste beachtet wird.
Bereitschaftszeit ist Arbeits­
zeit“, bekräftigt Schäfer.
Digitale Arbeitswelt
Gemeinsame Gestaltungsaufgabe
Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach hat Führungskräfte und
Personalvertretungen im öffentlichen Dienst dazu aufgerufen, bei der
Gestaltung der Digitalisierung eng zu kooperieren.
„Ob die Digitalisierung gelin­
gen wird, hängt nicht nur von
der rasanten Technologieent­
wicklung ab, sondern auch von
einer gemeinsamen Gestal­
tung der Veränderungsprozes­
se“, sagte der dbb Chef beim
Gewerkschaftstag des DBB
NRW am 21. Mai 2019 in
Neuss. „Die Kolleginnen und
Kollegen erwarten zu Recht
von ihren Dienstherrn und
Arbeitgebern, dass sie beim
Meistern der neuen Aufgaben
mitgenommen werden. Von
essenzieller Bedeutung für das
Gelingen dieser Transformati­
on ist daher das partnerschaft­
liche Miteinander von Behör­
denleitung und Personalrat:
Mitnehmen und Mitgestalten
– das muss das Gebot der
Stunde sein.“
Silberbach gratulierte dem
Chef des dbb Landesbundes,
Roland Staude, zu seiner
Wiederwahl. Der 53-jährige
Dipl.-Verwaltungsbetriebs-
wirt (VWA) aus Bielefeld führt
den DBB NRW seit 2014 als
1. Vorsitzender.
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