Zusatzversorgung: Zügige Neufassung der Regelungen zu Startgutschriften angestrebt

Unter den Tarifvertragsparteien des ATV/ATV-K (Tarifverträge zur Zusatzversorgung/Betriebsrente) besteht Einigkeit, eine zügige Neufassung der Regelungen zur Berechnung der Startgutschriften für die Angehörigen der rentenfernen Jahrgänge anzustreben. Dazu sollen noch im Dezember Sondierungsgespräche über die Aufnahme von Tarifverhandlungen und den weiteren Ablauf geführt werden.

Bei der Neugestaltung sind neben den Auswirkungen der verschiedenen Lösungsalternativen auf die Startgutschriften der einzelnen Versicherten auch mögliche Folgewirkungen für die Zusatzversorgungseinrichtungen insgesamt zu beachten. Dazu werden erneut begleitend umfassende versicherungsmathematische Berechnungen erforderlich sein.

Der dbb beamtenbund und tarifunion wird sich bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen in jedem Fall dafür einsetzen, bis Mitte nächsten Jahres eine tragfähige und rechtssichere Neuregelung zu erreichen, die die Vorbehalte des Bundesgerichtshofes (BGH) gegen die bisherige Ausgestaltung des Übergangsrecht ausräumt.

Hintergrund

Der BGH hat mit Urteilen vom 9. März 2016 (Aktenzeichen IV ZR 9/15 und IV ZR 168/15) die Neuregelung der Startgutschriften rentenferner Versicherter der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für unwirksam erklärt.

Als rentenfern gelten die Versicherten, die zum Stichtag der Systemumstellung in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes am 31. Dezember 2001 noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hatten. Die im Zuge der Systemumstellung für die rentenfernen Versicherten vereinbarten Startgutschriften, die die zuvor erworbenen Rentenanwartschaften in das neue Punktemodell überführen, hatte der BGH bereits mit Urteil vom 14. November 2007 (Aktenzeichen IV ZR 74/06) für unverbindlich erklärt, da die zugrundeliegende Übergangsregelung für bestimmte Personengruppen nicht verfassungsgemäß sei. Insbesondere wurde eine Benachteiligung von Beschäftigten mit langen Ausbildungszeiten festgestellt.

Zur Umsetzung der höchstrichterlichen Vorgaben hatten sich die Tarifvertragsparteien mit Änderungstarifverträgen zum Tarifvertrag Altersversorgung (ATV) und zum Altersvorsorge-TV-Kommunal (ATV-K) vom 30. Mai 2011 auf ein Modell der Neuberechnung der Startgutschriften für rentenferne Versicherte geeinigt, das die VBL in ihre Satzung übernommen hat. Die Neuberechnung basiert auf einem Vergleich der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft nach § 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG), der allgemein für Betriebsrenten gilt, sowie nach der für den öffentlichen Dienst geltenden Sonderregelung des § 18 BetrAVG.

Der BGH hatte in seiner Entscheidung vom November 2007 die Versorgungssätze nach § 2 BetrAVG mit denen nach § 18 Abs. 2 BetrAVG verglichen und im konkreten Beispielsfall die Differenz von 11,77 Prozentpunkten für nicht mehr zulässig erachtet. Daher hatten die Tarifvertragsparteien ein Vergleichsmodell dieser beiden Berechnungsmethoden vereinbart und eine maximal zulässige Abweichung von 7,5 Prozentpunkten definiert.

Auch diese Neuregelung wurde in den Entscheidungen vom März 2016 vom BGH für unwirksam erklärt, da die Ermittlung der Startgutschriften rentenferner Versicherter weiterhin gegen den Gleichheitssatz verstoße. Im Kern führe die Berechnung nach dem Vergleichsmodell einschließlich der darin vorgesehenen Kürzung des Unverfallbarkeitsfaktors um 7,5 Prozentpunkte dazu, dass eine große Gruppe von Versicherten von vornherein von einer Verbesserung ihrer Startgutschriften ausgenommen sei.

Dies betreffe unter anderem die Angehörigen der Jahrgänge 1961 und jünger sowie diejenigen Versicherten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres in den öffentlichen Dienst eingetreten sind. Im Ergebnis würden lediglich 250.000 von den rund 1,7 Millionen rentenfernen Versicherten durch das Vergleichsmodell in den Genuss einer Verbesserung ihrer Startgutschrift gegenüber der ursprünglichen Regelung kommen.

Damit sei die Grenze einer zulässigen Typisierung von Sachverhalten überschritten, da die mit ihr verbunden Härten nicht nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Versicherten beträfe. Zudem gehe die Ungleichbehandlung über eine nicht sehr intensive Benachteiligung hinaus.

 

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