Beförderungspraxis im öffentlichen Dienst

Wildfeuer: „Wir brauchen eine Frauenförderung 4.0.“

„Frauenförderung im öffentlichen Dienst darf nicht zu Lasten derjenigen gehen, die eigentlich davon profitieren sollen“, warnte die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer am 9. Januar 2017 am Rande der dbb Jahrestagung in Köln. „Der Fall NRW zeigt aktuell, was passiert, wenn man den dritten Schritt vor dem ersten macht: Eine paritätische Besetzung von Führungspositionen um jeden Preis durchzusetzen, ohne die Beschäftigten, vor allem die männlichen, mitzunehmen führt zu Unmut auf allen Seiten. Das schlimmste ist: Der Aufruhr, der nun um die verschleppten Beförderungen gemacht wird, macht die eigentliche Absicht der Landesregierung zu Nichte, nämlich mehr weibliche Führungspersönlichkeiten heranzuziehen,“ kritisierte Wildfeuer.

Wildfeuer reagierte damit auf die Ankündigung von Nordrhein-Westphalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, die es zu einer „Herzensangelegenheit“ erklärte, an der gesetzlichen Neuregelung zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst des Landes NRW festzuhalten. Diese sieht vor, dass Frauen bei Beförderungen vorgezogen werden – auch dann, wenn sie etwas schlechter qualifiziert sind als ihre männlichen Mitbewerber. Das gilt für alle Bereiche des Landesdienstes, in denen der Anteil an weiblichen Führungskräften unter 50 Prozent liegt.

Es seien weniger die bestehenden Gesetze und Regelungen, die im öffentlichen Dienst zur Benachteiligung von Frauen führten, erklärte die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung. „Wir müssen noch viel genauer hinsehen, warum Frauen seltener, langsamer oder gar nicht befördert werden. Es gibt ausreichend Hinweise dafür, dass Frauen nicht weniger leisten oder schlechtere Arbeit abliefern als ihre männlichen Kollegen – im Gegenteil. Aber es gibt unsachliche Gründe, warum sie bei den für die Beförderung relevanten dienstlichen Beurteilungen schlechter abschneiden: Vor allem Teilzeittätigkeit, aber auch Telearbeit sowie längere berufliche Auszeiten aufgrund von familiären Verpflichtungen sind die bekannten Bremsklötze einer jeden Karriere – auch im öffentlichen Dienst“, so Wildfeuer.

Insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltungen müsse der Diskurs über eine gendergerechte Leistungskultur besser heute als morgen geführt werden: „Was wir brauchen ist eine Frauenförderung 4.0. Hierzu müssen sich alle Dienstherren Gedanken machen, am besten gemeinsam und zusammen mit ihren Beschäftigten und deren Personalvertretungen. Damit am Ende allen ein diskriminierungsfreies Fortkommen im öffentlich Dienst ermöglicht und die fortschreitende Digitalisierung für alle zur erkennbaren Chance wird – auch für die weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst“, forderte Wildfeuer.

 

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