"One in, one out"

Wie die EU-Gesetzgebung vereinfacht werden soll

Das System der Kommission zur besseren Rechtsetzung gilt als eines der fortschrittlichsten Regulierungskonzepte der Welt. Es bewertet systematisch die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen politischer Maßnahmen und gewährleistet eine gleichbleibend hohe Qualität der vorgeschlagenen Rechtsvorschriften.

Nun hat die Kommission eine Reihe weiterer Verbesserungen vorgeschlagen, nicht zuletzt, um die Erholung und Widerstandsfähigkeit der EU auf bestmögliche Weise zu unterstützen. Hierzu gehört unter anderem die Einführung eines an die Politikgestaltung in der EU angepassten „One in, one out“ Ansatzes. Mit diesem soll die Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger auf die Auswirkungen und Kosten der Anwendung von Rechtsvorschriften erhöht werden.


In ihren politischen Leitlinien verpflichtete sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Europa grüner, digitaler und widerstandsfähiger zu machen, damit die aktuellen Herausforderungen bestmöglich bewältigt und die Chancen des technologischen Fortschritts genutzt werden können. In diesem Zusammenhang setzt sich die Kommission mehr denn je dafür ein, politische Maßnahmen und Vorschläge zu entwickeln, die den Menschen und Unternehmen das Leben erleichtern. Der nun geplante „One in, one out“ Grundsatz soll die Belastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen dadurch minimieren, dass den Auswirkungen und den Kosten der Umsetzung der Rechtsvorschriften, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, besondere Beachtung gewidmet wird. Die Kommission möchte mit dem Grundsatz sicherstellen, dass neu eingeführte Belastungen durch eine Verringerung bereits bestehender Belastungen in demselben Politikbereich ausgeglichen werden.
Maroš Šefčovič, Vizepräsident für interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau sagte hierzu: „Die Kommission verfügt bereits über eines der weltweit besten Systeme für bessere Rechtsetzung, aber wir müssen noch mehr tun. Daher verstärken wir unsere Bemühungen, um die EU-Gesetzgebung zu vereinfachen und die mit ihr verbundenen Belastungen zu verringern.“ Dabei müsse die EU die strategische Vorausschau stärker nutzen und die Nachhaltigkeit sowie die Digitalisierung fördern. Die EU könne nur erfolgreich sein, wenn alle Interessenträger zusammen an einer EU-Politikgestaltung von hoher Qualität arbeiten, die dann zu einem stärkeren und widerstandsfähigeren Europa führt.


Mehrere Mitgliedstaaten haben den „One in, one out"-Ansatz bereits auf verschiedene Weise angewandt. Die Erfahrungen in den Mitgliedstaaten haben gezeigt, dass die Einführung des Ansatzes politische Entscheidungsträger dazu veranlasst, über politische Ziele hinauszuschauen. Es lenkt ihre Aufmerksamkeit auf die praktischen Aspekte der Umsetzung von Politiken.


Die Kommission beabsichtigt mit der Einführung des Ansatzes eine Politikgestaltung zu stärken, die nicht nur sicherstellt, dass die politischen Ziele erreicht werden, sondern auch stärker darauf geachtet wird, wie diese erreicht werden. In diesem Zusammenhang will sich die Kommission mit der Vereinfachung der Prozesse befassen, die zu den erwarteten politischen Ergebnissen führen und gleichzeitig den Einsatz digitaler Lösungen in Betracht ziehen, um eine reibungslosere und kostengünstigere politische Umsetzung zu fördern. Mit der Änderung soll nicht nur die Belastung durch die Gesetzgebung verringert, sondern generell die Qualität der einzelnen Rechtsvorschriften und damit des gesamten Rechtsbestands verbessert werden. Dies soll dazu führen, dass sich stärker auf die Effizienz der Gesetzgebung konzentriert und Belastungen, die für die Erreichung der politischen Ziele nicht unbedingt erforderlich sind, vermieden werden können. Im Rahmen des REFIT-Programms werden von der Kommission bereits systematisch die bestehenden Rechtsvorschriften auf Möglichkeiten zur Vereinfachung und Verringerung des Aufwands unter Beibehaltung der erreichten Vorteile, beispielsweise durch die Suche nach digitalen Lösungen, überprüft.


Für die Kommission gilt es nun, diesen Ansatz an die Besonderheiten des rechtlichen und administrativen Umfelds der EU anzupassen. Hierfür werden die Erfahrungen der Mitgliedstaaten und der Interessengruppen sowie regelmäßige Peer-Reviews genutzt. Mit dem Arbeitsprogramm 2022 beginnt die Umsetzung des Ansatzes. Für die Kommission ist in diesem Kontext wichtig, dass die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit wie üblich angewandt werden. Daher soll die Umsetzung des Ansatzes nicht zu einer Absenkung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Standards und Ziele der EU führen. Um diese Standards weiterhin einzuhalten und von den daraus resultierenden Vorteilen zu profitieren, sollen die Unternehmen vermehrt in die Modernisierung von Produktionsanlagen, die Verringerung von Umweltschäden, die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit oder die
Erhöhung der Verbraucherinnen und Verbraucher- sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerschutzes investieren. Auch wenn die Unternehmen nicht immer direkt von diesen Veränderungen profitieren, können sie doch die neuen Geschäftsmöglichkeiten nutzen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen oder indirekte Vorteile zu haben, wie beispielsweise gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt.


Wo der Investitionsbedarf besonders hoch ist und wichtige politische Ziele widerspiegelt, bieten die EU sowie die Mitgliedstaaten spezifische Instrumente an, um die notwendigen Anpassungen zu begleiten. Diese Instrumente tragen dazu bei, die Volkswirtschaften und Gesellschaften der EU nachhaltiger und widerstandsfähiger zu machen und sie besser auf die Herausforderungen und Chancen des grünen und digitalen Wandels vorzubereiten. So können beispielsweise neue Rechtsvorschriften Investitionen in unsere Widerstandsfähigkeit angesichts wachsender wirtschaftlicher oder ökologischer Auswirkungen, Abhängigkeiten und damit verbundener Risiken, einschließlich systemischer Risiken, erfordern. Schließlich zielen Rechtsvorschriften auf EU-Ebene in der Regel darauf ab, die regulatorische Fragmentierung in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu überwinden, indem 27 unterschiedliche nationale Systeme ersetzt werden. Diese Effizienzgewinne werden als „Outs“ berücksichtigt.

 

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