dbb Bürgerbefragung 2021

Vertrauenskrise zwischen Staat und Bevölkerung

Das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in die Leistungsfähigkeit des Staates ist 2021 deutlich zurückgegangen.

Vor allem mit der Bewältigung der Corona-Krise und beim Klima- und Umweltschutz sehen viele den Staat als überfordert an, so das Hauptergebnis der dbb Bürgerbefragung 2021. „Das geht weit über Digitalisierungsdefizite und Personalmangel hinaus“, kommentierte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 7. September 2021 die Umfrageergebnisse, die das Meinungsforschungsinstitut forsa für den dbb erhoben hat. „Wir schlittern in eine grundsätzliche Vertrauenskrise zwischen Staat und Bevölkerung. Wenn innerhalb eines Jahres die Zahl derer, die auf die Handlungsfähigkeit des Staates vertrauen von 56 auf 45 Prozent sinkt, beschleunigt sich hier ein besorgniserregender Trend.“ Gleichzeitig, so Silberbach, hätten auch die negativen Bewertungen in Bezug auf Beamtinnen und Beamte etwas zugenommen: „Da ‚der Beamte‘ generell stellvertretend für alle staatlichen Unzulänglichkeiten in Haftung genommen wird, ist das dieses Jahr eigentlich keine Überraschung.“

Umso erfreulicher sei es, dass die einzelnen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst sich in der langfristigen Betrachtung weiter großer Beliebtheit in der Bevölkerung erfreuen. Silberbach: „Die Top10 im Beruferanking arbeiten weiter fast alle im öffentlichen Dienst und die größten Imagegewinner seit Beginn der Umfrage 2007 sind Polizei- und Lehrkräfte, Müllwerker und – große Überraschung – die Beamtinnen und Beamten.“

Aus den Umfrageergebnissen ergebe sich ein klarer Handlungsauftrag an die neue Bundesregierung, sagte Silberbach: „Natürlich brauchen wir dringend eine bessere Sach- und Personalausstattung, um den Staat krisenfest aufzustellen. Wir brauchen aber auch strukturelle Reformen. Wir müssen dringend über das Kompetenz- und Verantwortungsdurcheinander zwischen Bund, Ländern und Gemeinden reden, über echte Bürokratie- und Regelungsabbau sowie über eine motivierende Führungskultur und Bezahlstruktur im öffentlichen Dienst. Noch ist das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat nicht ganz verspielt, aber es ist schwer angeschlagen - Zeit zu handeln!“

Die diesjährige dbb Bürgerbefragung hat anlässlich der Bundestagswahl im September außerdem nach den Wahlabsichten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gefragt. Diese zeigen wenige Wochen vor dem Abstimmungstermin eine deutliche Parteipräferenz für Bündnis 90/Die Grünen.

So würden aktuell 32 Prozent der Beamtinnen und Beamten Bündnis 90/Die Grünen, 28 Prozent CDU/CSU und 16 Prozent SPD wählen. „Wahrscheinlich werden hier auch der höhere Bildungsgrad, das gesicherte berufliche Umfeld und andere soziologische Faktoren wirksam. Mit Blick etwa auf die Positionen der Grünen in Sachen Beamtenstatus oder Bürgerversicherung ist es aber schon überraschend, wie weit die Parteienpräferenz der Staatsdiener in diesem Punkt vom Bevölkerungsdurchschnitt abweicht“, kommentierte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach die Zahlen.

Folgerichtig stehe für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst das Thema Umwelt- und Klimaschutz mit deutlichem Abstand (51 Prozent) ganz oben auf der Prioritätenliste wichtiger Themen für die nächste Bundesregierung, gefolgt von der Schul- und Bildungspolitik und der Bewältigung der Corona-Pandemie (beide 17 Prozent).

Befragt nach den wichtigsten Themen für die eigene Wahlentscheidung stehen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes die Sicherung einer guten Gesundheitsversorgung (84 Prozent), die Schaffung eines leistungsstarken Bildungssystems (83 Prozent), der Klimaschutz (80 Prozent) und die soziale Gerechtigkeit (79 Prozent) ganz oben. Silberbach: „In dieser Priorisierung unterscheiden sich die Statusgruppen im öffentlich Dienst so gut wie nicht. Für mich ein weiterer Beleg für die These, dass Menschen vor allem in den öffentlichen Dienst gehen, um etwas für die Gemeinschaft zu tun und nicht wegen des Geldes und schneller Karriere. Das heißt natürlich nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen von Luft und Liebe leben, sondern Anspruch auf angemessene Bezahlung haben.“

„Wirklich besorgniserregend ist“, so der dbb Chef weiter, „dass mit 47 Prozent fast die Hälfte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst keiner Partei zutrauen, sich für Anerkennung und Respekt, eine gute Bezahlung oder eine positive Entwicklung des öffentlichen Dienstes einzusetzen. Die staatlichen Arbeitgeber haben hier in den letzten Jahren viel Vertrauen verspielt und das lässt sich nicht mit ein paar Sonntagsreden zurückgewinnen. Hierfür braucht es handfeste organisatorische und materielle Beweise der Rückendeckung und Wertschätzung.“

Die vollständigen Ergebnisse der dbb Bürgerbefragung 2021 gibt es auf dbb.de.

 

zurück