Öffentliche Verwaltung braucht Zuwanderung

Integrationsoffensive angemahnt

Der öffentliche Dienst, mit über viereinhalb Millionen Beschäftigten der größte Arbeitgeber in Deutschland, hinkt beim Anteil von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung hinterher. Denn obwohl jeder fünfte Bürger einen Migrationshintergrund hat, gilt dies nur für knapp zehn Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt mahnt deshalb eine Integrationsoffensive an. Der „Stuttgarter Zeitung“ (Ausgabe vom 28. Oktober 2013) sagte Dauderstädt: „Der öffentliche Dienst sollte sich in einer Parallelität zur Gesellschaft bewegen.“ Dies sei stellenweise in einem vernünftigen Umfang gegeben – in anderen Bereichen gar nicht. „Insofern gibt es ein gewisses Defizit.“ So gebe es in Berlin Schulklassen, in denen die Kinder zu 80 Prozent einen Migrationshintergrund hätten. Da sei es sinnvoll, dass die Lehrer aus den gleichen kulturellen Räumen kämen wie die Schüler. „Die Potenziale in unserer Gesellschaft auch bei den Migranten sollten ausgeschöpft werden – da sind wir an der Spitze der Organisationen, die das unterstützen“, sagte der dbb Chef.

Die bisherige Bundesregierung habe „vielleicht zu spät angefangen, sich des Themas anzunehmen“, monierte Dauderstädt. Als Teil der Demografiestrategie hätte sich eine Arbeitsgruppe konkret mit Migration auseinandergesetzt. Somit gebe es eine Fülle von Initiativen und Kooperationen. Eine Initiative präsentiert sich auf der Internetplattform www.wir-sind-bund.de. Dort spricht die Bundesverwaltung gezielt junge Menschen aller Nationalitäten an, um ihren Blick auf mehr als 130 Ausbildungsberufe zu lenken. Solche Anstöße würden in der Zukunft noch mehr Bedeutung bekommen, sagte der dbb Chef. Von heute auf morgen könne der Prozess aber nicht verändert werden.

Weil die Gesellschaft altert, sind in den nächsten Jahren mehr als 700.000 Stellen im öffentlichen Dienst neu zu besetzen. „Wenn man den fehlenden Nachwuchs aus der deutschsprachigen Bevölkerung nicht mehr rekrutieren kann und es genügend qualifizierten Nachwuchs aus dem Migrationssektor gibt, wäre man schlecht beraten, dies nicht zu nutzen“, sagte Dauderstädt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien längst geändert. Das Bundesbeamtengesetz lasse eine Berufung ins Beamtenverhältnis für Bürger aus Westeuropa und bei bilateralen Abkommen seit Jahren zu. „Die Wirklichkeit sieht anders aus“, räumte der dbb Bundesvorsitzende ein. Hohe Hürden sieht er im Entscheidungsverhalten der Personalverantwortlichen. „Da muss man sicher dran arbeiten.“ Einiges spreche für anonyme Bewerbungen, die künftig verstärkt genutzt werden sollten. Dadurch werde die Vorauswahl neutralisiert. Starre Migrantenquoten hingegen lehne der dbb ab. Dies würde dem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz, wonach öffentliche Ämter nur bei entsprechender Eignung und Leistung vergeben werden dürfen, nicht gerecht.

 

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