Föderalismus

Bildung gerade in Krisenzeiten besser koordinieren - Lehrkräfte einbinden

Der dbb hat gefordert, die Bildungspolitik auf Ebene der Kultusministerkonferenz (KMK) besser zu koordinieren – gerade während Krisen wie der Corona-Pandemie.

Laut aktuellem „Bildungsbarometer 2020“ des ifo-Instituts sprechen sich entgegen der aktuellen Regelung 60 Prozent der Befragten dafür aus, dass bildungspolitische Entscheidungen grundsätzlich von der Bundesregierung getroffen werden. Auch in der Bildungsfinanzierung wünscht sich die deutsche Bevölkerung mehr Engagement des Bundes.

„Es verunsichert Eltern, Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler, wenn die Maßnahmen an den Schulen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie von Land zu Land variieren, ohne dass ein einheitlicher roter Faden zu erkennen ist“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 2. September 2020. „Wir stellen den Bildungsföderalismus nicht infrage. Aber es wundert uns nicht, wenn die große Mehrheit der Befragten im ‚Bildungsbarometer‘ grundsätzlich und nicht nur in Krisenzeiten eine stärkere Bildungskompetenz des Bundes einfordert. Dieser Ruf nach mehr Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit in zentralen Fragen der schulischen Bildung wäre nicht so vehement, wenn die KMK in der aktuellen Corona-Krise schneller und abgestimmter agieren würde.“

Besonders unverständlich sei, dass – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Bundesländer die Lehrkräfte beziehungsweise deren Berufsverbände nicht in die bildungspolitischen Weichenstellungen während der Corona-Pandemie einbeziehen. „Auch auf KMK-Ebene müssen wir in dieser Hinsicht leider melden: Fehlanzeige“, kritisierte Silberbach. Natürlich seien Lehrkräfte zwar keine Hygiene-Experten, aber „sie sind zweifelsohne die Expert*innen für gelingenden Präsenz- und digitalunterstützten Unterricht. Es sind die Lehrkräfte, die verlässlich beurteilen können, an welchen Stellen es Fortbildungen braucht und wie sich Lehr- und Lerninhalte so aufbereiten lassen, dass sowohl Präsenz- als auch digitalunterstützter Unterricht gelingen kann“, unterstrich der dbb Chef. „Wir fordern die KMK auf, sich schnellstens mit den Verbänden der Lehrerkräfte an einen Tisch zu setzen, um auf Bundesebene so viel Einheitlichkeit wie möglich und so viel Raum für regionale Differenzierungen wie nötig auszuarbeiten. Das stärkt nicht zuletzt das Vertrauen in den Bildungsföderalismus.“

Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Deutschen Realschullehrerverbandes (VDR) und dbb Vize, ergänzte: „Zentralistische Bildungsstrukturen mit einem wie auch immer nicht legitimierten Bildungsrat an oberster Stelle wären ein Rückschritt in der Bildungspolitik, eine Nivellierung nach unten und eine klare Absage an den Bildungsföderalismus, den das Grundgesetz zu Recht schützt und garantiert.“

Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hält statt einer Vereinheitlichung eine bedarfsgerechte und transparente Finanzierung des Bildungssystems für notwendig. Digitalisierung, Ganztag, Inklusion, Integration und auch der Schulbau seien kosten- und planungsintensiv. Für VBE Chef Udo Beckmann sind die Umfragewerte ebenfalls ein Hinweis darauf, dass die KMK während der Corona-Pandemie zu wenig einheitlich agiert hat: „Anfangs stand das abgestimmte Vorgehen im Fokus. Es wurde um einheitliche Regelungen gerungen, so dass insbesondere die Schulschließungen und dann die Schulöffnungen nach ähnlichen Mustern geschahen. Doch hiernach kochten die Länder ihr eigenes Süppchen, spuckten sich am besten noch gegenseitig in diese.“

 

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