Verband Bildung und Erziehung

Beckmann gegen verbindliche Grundschulempfehlung

Welche weiterführende Schule sollen Kinder besuchen? In Baden-Württemberg entscheidet darüber wieder die verbindliche Empfehlung der Grundschule. Diskutiert wird darüber auch in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), sieht das kritisch.

„Eine Empfehlung der Grundschullehrkraft ist wohl begründet und bezieht sowohl die Leistungen, auch im Kontext der Mitlernenden, die Sicht auf die bisherige Entwicklung und das weitere Potenzial des Kindes mit ein. Sie darf aber kein Damoklesschwert sein“, so Beckmann. „Das Elternrecht und die damit verbundene Verantwortung der Eltern für ihr Kind haben einen hohen Stellenwert. Der beste Weg ist und bleibt daher eine funktionierende Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Lehrkräften, innerhalb der sich offen über Stärken und Schwächen des Kindes ausgetauscht werden kann, um eine gut begründete Entscheidung für die weiterführende Schule zu treffen. Nicht umsonst orientieren sich auch in den Bundesländern, in denen die Empfehlung nicht verbindlich ist, die meisten Eltern an dieser Einschätzung.“ In Ländern mit verbindlicher Grundschulempfehlung umgingen Eltern hingegen die Regelung, wenn sie mit der Empfehlung nicht einverstanden seien und es sich leisten könnten, indem sie ihre Kinder auf Privatschulen schicken.

Der VBE-Chef erklärte weiter: „Die Forderung nach einer verbindlichen Grundschulempfehlung basiert auf dem alten absurden Denken, dass Kinder am Ende der Grundschulzeit zielsicher in die drei Kategorien praktisch Begabte (Hauptschüler), theoretisch-praktische Begabte (Realschüler) und theoretisch Begabte (Gymnasiasten) einzuordnen sind. Ich dachte, dass wir bereits weiter wären. Die Entwicklung von Kindern ist nicht immer vorhersehbar. Zudem sehen wir, dass die Schülerschaft immer heterogener wird und wir die Schülerinnen und Schüler individueller fördern müssen. Dieser Herausforderung müssen sich alle Schulformen und -arten gleichermaßen stellen. Die Illusion, an einzelnen Schulformen leistungshomogene Lerngruppen zu haben, ist absurd."

Den Vorschlag, Tests zur Leistungsfeststellung in der vierten Klasse durchzuführen, sieht er äußerst kritisch: „Niemand kann ernsthaft wollen, dass schon Grundschüler ein Mini-Abitur machen und derart unter Stress gesetzt werden. Allein, was das Erreichen eines bestimmten Notendurchschnitts schon für einen Druck erzeugt, sehen wir mit dem Blick nach Bayern. Dies trägt allenfalls dazu bei, den privaten Nachhilfemarkt zu stärken.“ Laut Beckmann ist es wichtiger, ein funktionierendes Übergangsmanagement zu etablieren und die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Bildungsgängen möglichst lange offen zu halten. „Die Absprache zwischen den Grundschulen und den weiterführenden Schulen und die Weitergabe von essenziellen Informationen zum Lernstand muss geregelt sein. Nur so können sich die weiterführenden Schulen optimal auf die Neuankömmlinge einstellen und entsprechende Differenzierungsmöglichkeiten erarbeiten. Das gilt in gleicher Weise für den Übergang von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II."

 

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