8. Frauenpolitischen Fachtagung: Voller Einsatz für jede Rolle – Frauen und Männer im Ehrenamt

Rund 250 Frauenvertreterinnen und Gäste, darunter auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, waren am 21. März 2011 der Einladung der dbb bundesfrauenvertretung zur 8. Frauenpolitischen Fachtagung nach Berlin gefolgt. Das diesjährige Motto lautete „Voller Einsatz für jede Rolle – Frauen und Männer im Ehrenamt“. Den Anstoß, die Rollenmuster im Freiwilligensektor genauer unter die Lupe zu nehmen, gibt die EU, die das Jahr 2011 zum Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit ausgerufen hat. Vor allem in Deutschland nimmt das Ehrenamt einen wichtigen Stellenwert in der sozialen und gesellschaftlichen Organisation ein: Das ist gut. Da ist man sich einig. Gleichwohl spiegeln sich in der Freiwilligenarbeit aber auch gesellschaftlich Geschlechterstereotype und damit verbundene Nachteile für weibliche Engagierte wider: Auch hier muss an der Gleichstellung noch gearbeitet werden.

„Was machen Sie eigentlich in Ihrer Freizeit?“ Mit dieser Frage eröffnete die Bundesvorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer die 8. Frauenpolitische Fachtagung am 21. März im dbb forum Berlin. Die Antwort lieferten die geladenen Gäste, aktive dbb Mitglieder aus ganz Deutschland: „Sie engagieren sich freiwillig!“ Und damit waren die Anwesenden in guter Gesellschaft. Immerhin verbringe, so Helene Wildfeuer, jeder dritte deutsche Bürger über 14 Jahren seine frei verfügbare Zeit mit einem freiwilligen Engagement und gebe unserer Gesellschaft damit eine zusätzliche Dimension, die neben Familie, Berufsleben, politischen Vorgaben und Gesetzen entscheidend präge. Die Motivation hierfür sei nicht materiell, sie sei emotional. Wer sich engagiere, erhalte Anerkennung, Freude und das unbezahlbare Gefühl, anderen Menschen etwas Gutes zu tun. All das mache das Ehrenamt zu einem unschlagbaren Erfolgskonzept. Ein Erfolgskonzept, das im Rahmen der Tagung und natürlich auch unter dem Genderaspekt beleuchtet werden sollte. Bereits in ihrer Begrüßung erläuterte Helene Wildfeuer, dass Frauen durchschnittlich nicht nur weniger ehrenamtlich aktiv seien, sondern ihr Engagement auch in anderen Bereichen als Männer erbrächten. Schließlich sei auch im Freiwilligensektor festzustellen: Frauen bleiben auch im Ehrenamt den Führungsebenen fern „40 Prozent der engagierten Männer, aber nur 24 Prozent der freiwillig tätigen Frauen besetzen Leitungsfunktionen im Ehrenamt“, erläuterte Wildfeuer.

Mit Blick auf die bevorstehende Zivildienstreform richtete Wildfeuer das Wort an Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder: „Das Projekt Freiwilligendienst ist eine große Aufgabe und eine gesellschaftliche Herausforderung, der ich großen Respekt entgegenbringe. Immerhin geht es darum, die Arbeit von knapp 90 000 Zivildienstleistenden zu kompensieren. Der Freiwilligendienst soll ein Drittel dieser Stellen ausgleichen. Doch was passiert mit den übrigen über 50.000 frei werdenden Stellen? Pflegedienstleistungen sind ein teurer Luxus. Wenn das Budget für eine professionelle Pflegekraft fehlt, ist der Betroffene auf die Hilfe von Angehörigen angewiesen. Über 80 Prozent der Pflegenden sind weiblich.“ Die meisten von ihnen steckten im Job zurück, um sich dieser Herausforderung stellen zu können, betonte die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung und bat Ministerin Schröder eindringlich, dafür Sorge zu tragen, dass das Modell des Freiwilligendienstes nicht zu Lasten der Frauen gehe.

Männer machen Karriere, Frauen die Kinder bettfertig

Dass Frauen auch im Freiwilligensektor mit vergleichbaren Hindernissen konfrontiert würden, die sie auch am beruflichen Fortkommen hinderten, betonte Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder in ihrem Grußwort. Frauen fehlten in beiden Bereichen in Führungspositionen. Außerdem seien Frauen in der „Rushhour“ ihres Lebens – zwischen 25 und 45 Jahren, wenn Familie und Beruf kumulierten – deutlich weniger freiwillig engagiert als Männer. Frauen wollten neben Karriere und Ehrenamt auch ein Familienleben führen. Egal ob im Berufsleben oder im Freiwilligensektor – Frauen seien stets diejenigen, die dies alles miteinander vereinbaren müssten. Schuld daran seien laut Bundesministerin Schröder vor allem verkrustete Strukturen in der Arbeitswelt: Führungspositionen seien an Menschen ausgerichtet, die familiäre Aufgaben komplett delegieren könnten. „Karriere wird nach Feierabend gemacht und Frauen machen nach Feierabend eben meist die Kinder bettfertig“, sagte Schröder. Aber nicht Frauen müssten sich ändern, sondern die Strukturen. Ihr Ministerium, so Ministerin Schröder, setze dabei nicht auf Quotenregelungen, sondern auf eine gesetzliche Selbstverpflichtung der Unternehmen, Leitungsfunktionen häufiger mit Frauen zu besetzen. Zu einer wirkungsgleichen Übertragung des Vorhabens auf den öffentlichen Dienst würden bereits Überlegungen angestellt. Darüber hinaus nehme die Rollenverteilung innerhalb der Familien einen wichtigen Stellenwert ein, wenn mehr Frauen in Führungspositionen, aber auch ins freiwillige Engagement gebracht werden sollen. Nur wenn sich Männer mehr an der Familienarbeit beteiligten, erhielten Frauen die nötigen Freiräume.

Zur Einführung des Bundesfreiwilligendienstes zeigte sich Dr. Kristina Schröder optimistisch. Die Bereitschaft in der Bevölkerung, sich zu engagieren sei bemerkenswert. Beim Freiwilligendienst der Länder seien schon jetzt doppelt so viele Bewerber wie Stellen vorhanden. Außerdem hätten viele Zivildienstleistende schon in der Vergangenheit die Zivildienstzeit verlängert. Vor allem die anwesenden Frauenvertreterinnen werden sich gewünscht haben, dass die Rechnung der Ministerin aufgehen wird. Ob die gezogenen Rückschlüsse von Kristina Schröder allerdings wirklich so viel Optimismus zulassen, wird die Zukunft zeigen.

Ehrenamt ist der Kitt unserer Gesellschaft

Der Bundesvorsitzende des dbb beamtenbund und tarifunion, Peter Heesen, bedankte sich bei der dbb bundesfrauenvertretung für die gelungene Wahl des Tagungsthemas. Schließlich basiere die Arbeit des dbb im Wesentlichen auf dem Ehrenamt. Nachdem in der Gesellschaft lange Zeit der Individualismus, die Selbstverwirklichung, über allem stand, habe man erkannt, dass dies nicht der richtige Weg sei. „Ehrenamt ist der Kitt in unserer Gesellschaft und ein bisschen mehr Kitt könnte die Gesellschaft schon noch brauchen“, betonte Heesen. Er setze ebenfalls große Hoffnung in den Bundesfreiwilligendienst, wenngleich er sich eine Lösung gewünscht habe, die auch ein bisschen Pflicht beinhalte. Nun müsse man darüber nachdenken, wie man die Gesellschaft auf breiter Basis dazu bewegen könne, sich freiwillig zu engagieren. Leider seien die positiven Statistiken zur Freiwilligenarbeit oftmals irreführend, da diejenigen, die ein Ehrenamt übernehmen, oftmals noch ein zweites und drittes daneben haben. Dementgegen stünde, dass sich viele Bürger überhaupt nicht engagierten. Das Eintreten für andere sei jedoch eine der ganz wesentlichen Aufgaben für diese Gesellschaft, erklärte Heesen.

Frauen und freiwilliges Engagement

Im ersten Fachvortrag der Tagung zeichnete Dr. Thomas Gensicke von TNS Infratest Sozialforschung mit viel Zahlenmaterial ein detailliertes Bild vom freiwilligen Engagement in Deutschland. 2009 erstellte das Unternehmen bereits zum dritten Mal im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den sogenannten Freiwilligensurvey, das durch die Befragung von zuletzt 20 000 Bürgerinnen und Bürgern umfassend alle Aspekte des freiwilligen Engagements statistisch darstellt.

Während sich rund 70 Prozent der Bevölkerung in Vereinen, Organisationen und Einrichtungen beteiligen, also auch passiv oder als reines Mitglied, ist darüber hinaus ungefähr jeder dritte Bürger in diesen Bereichen auch aktiv tätig. Je höher der Bildungsgrad, desto höher ist auch das jeweilige Engagement. Unter den Berufsgruppen, zeigen die Beamtinnen und Beamten den stärksten ehrenamtlichen Einsatz. Die Gründe für ein Engagement, erläuterte Gensicke, lägen überwiegend in dem Wunsch, die Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Aber auch der Aspekt der Geselligkeit, zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten und das mit dem Ehrenamt verbundene Ansehen seien starke Anreize, sich freiwillig einzubringen. Neben zahlreichen idealistischen Beweggründen, sei jedoch „Spaß“ die meist gehegte Erwartung, die an das Ehrenamt geknüpft werde.

Aber egal nach welchen Kriterien man die Freiwilligen differenziere, führte Gensicke aus, stets seien mehr Männer engagiert als Frauen: Der Anteil freiwillig engagierten Männer an der Gesamtbevölkerung über 14 Jahren sei laut Freiwilligensurvey um acht Prozentpunkte höher als der der Frauen. Dabei hinge dass das Engagement von Frauen entscheidend vom Alter, von deren familiärer Situation und von persönlichen Arbeitszeitanteilen ab. Berufliche Tätigkeiten und familiäre Situationen würden Betroffene aber nicht nur abhalten, sich zu engagieren, sondern könnten gleichermaßen stimulierend wirken. Familie sei schon immer auch ein „Bringer“ für bürgerschaftliches Engagement gewesen. Der zahlenmäßige Rückgang von Familien sei für das Ehrenamt durchaus problematisch, so Gensicke.

Zudem unterscheide sich laut Gensicke weibliches von männlichem Engagement deutlich: Männer tendierten dazu, sich vorwiegend in Sportvereinen, Berufsverbänden und politischen Parteien einzubringen, währen Frauen über die Maße in Elternbeiräten und schulischen Fördergruppen mitmischten, die die Ausbildung der eigenen Kinder betreffen. Gensicke plädierte für eine Ausweitung der Bereiche weiblichen Engagements. Die Untersuchungen von TNS Infratest ergaben insgesamt, dass viele Menschen bereit wären, sich zu engagieren. Potential sei also vorhanden. Das A und O bei der „Rekrutierung“ sei allerdings die persönliche Ansprache, schloss Gensicke.

Frauen im gewerkschaftlichen Ehrenamt

Wie es sich mit dem gewerkschaftlichen Engagement von Frauen verhält, verdeutlichte Dr. Sabine Blaschke, Genderforscherin an der Universität Wien und Spezialistin für weibliche Gewerkschaftsarbeit in ihrem Vortrag „Frauen im gewerkschaftlichen In Ehrenamt – Bestandsaufnahme und Perspektiven“. Langjährige wissenschaftliche Analysen der Gewerkschaftstätigkeiten in Österreich und Deutschland führten Blaschke zu dem Ergebnis, dass in den verantwortlichen Positionen Frauen durch die Bank unterrepräsentiert seien. Als Hauptproblem gäben viele Frauen die schlechte Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt – vor allem in zeitlicher Hinsicht – an. Dafür spreche auch, dass viele der wenigen Funktionärinnen kinderlos seien. Frauen zeigten laut Blaschke aber auch weniger Initiative, wenn es um die Übernahme von Leitungsfunktionen gehe. Sie seien generell zurückhaltender und würden die persönliche Eignung viel stärker hinterfragen als Männer. In der Folge stellte Blaschke fest, müssten Frauen, um sie zur gewerkschaftlichen Führungsaufgabe zu motivieren, viel häufiger aufgefordert oder gar überredet werden. Dies sage jedoch nichts über deren Befähigung für das jeweilige Amt aus, so Blaschke. Die Unterrepräsentanz in den Führungsgremien habe ihren Ursprung in den unteren Organisationsebenen, wo Frauen zwar in Gremien mitarbeiteten, jedoch selten den Vorsitz übernähmen. Wenn es dann um Ämter in höheren Ebenen gehe, habe dies natürlich Auswirkungen auf die Geschlechterverteilung, so Blaschke.

Um zunehmend Frauen für Führungspositionen in Gewerkschaften zu gewinnen, müsste aber auch an den gewerkschaftsinternen Faktoren gearbeitet werden, die derzeit deutlich von männlicher Prägung seien. Frauen müssten gezielt angesprochen werden, z. B. durch die Frauenvertretungen. Spezielle Schulungen oder Mentoring-Programme hätten sich zur Rekrutierung weiblicher Führungspersönlichkeiten ebenfalls als erfolgreich erwiesen. Blaschke plädierte zudem deutlich für verbindliche Quotenregelungen. In Österreich hätten sich diese auch für Gewerkschaften bewährt. Trotz allem sei es unerlässlich, gesellschaftliche Änderungsprozesse herbeizuführen. Denn auch Ehemänner und Kinder, das ergaben Blaschkes Untersuchungen, brächten für gewerkschaftliche Tätigkeiten den Gattinnen und Müttern nicht das nötige Verständnis auf. Ihr Fazit: Nur wenn die Haus- und Familienarbeit gleichermaßen auf beide Geschlechter verteilt werde, hätten Frauen den Freiraum, sich der Karriere in Beruf und Ehrenamt im gleichen Umfang wie Männer zu widmen.

Podiumsdiskussion rundet Tagung ab

Am Nachmittag führte rbb-Rundfunkjournalistin Katja Weber durch die Diskussionsrunde „Ehrenamt – die Kraft im Hintergrund“. Neben Politik, Wissenschaft und Medienvertretern kamen vor allem auch „echte“ Ehrenamtliche aus den dbb Gewerkschaften und Landesbünden zu Wort: In voraufgezeichneten Kurzinterviews bezogen fünf dbb-Funktionäre – drei weibliche und zwei männliche – Stellung zu ihrem persönlichen Engagement: Was treibt Sie an? Wie wirkt sich das eigene Geschlecht auf die gewerkschaftliche Arbeit aus und wie können mehr Frauen zur aktiven Mitarbeit im dbb motiviert werden? Die Antworten der dbb-Praktiker gaben die Richtung der Debatte vor.

 

Prof. Dr. Claus Tully vom Deutschen Jugendinstitut in München beleuchtete das Thema Ehrenamt aus Sicht der Jugend. Er untersuchte die Frage, was junge Menschen dazu veranlasst, sich freiwillig zu engagieren: Jugendliche ließen sich weniger von idealistischen Motiven denn von den eigenen Interessen leiten und orientierten sich stark am Engagement der Freunde. Dabei spielten auch das vorhandene Angebot und natürlich der „Spaßfaktor“ eine entscheidende Rolle, wie sehr sich junge Menschen einbrächten. Warum sich Jugendliche seltener für eine freiwillige Mitarbeit in politisch motivierten Verbänden entschieden, läge laut Tully nicht an der „Distanz zur Politik, sondern an der Distanz zur vorgegebenen Struktur“. Jugendliche schreckten vor festen Mitgliedschaften zurück. Sie würden sich nicht festlegen wollen. „Organisationen, die ohne Mitgliedschaft auskommen, genießen größeren Zuspruch,“ stellte Tully klar. Zudem betonte er in seinen Redebeiträgen auch den wertvollen Nutzen, den Jugendliche aus ihrem Engagement ziehen würden: „Freiwilliges Engagement schafft jungen Menschen den Raum für Selbsterfahrung und Verantwortung“.

Die selbstständige Medienberaterin Beate Schneiderwind, die unter anderem die Öffentlichkeitsarbeit der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) mitgestaltet, bezog Stellung zur Darstellung des Ehrenamtes in der Öffentlichkeit und in den Medien. Abstrakte Ideale oder Statuten ließen sich einer breiten Öffentlichkeit nicht so gut vermitteln wie Bilder und Geschichten. Bei entsprechenden Kampagnen müsse man sich über die Unterschiede in den Zielgruppen im Klaren sein und entsprechend kommunizieren. Leider sei es so, stellte Schneiderwind fest, dass sich auch die Medien in ihrer Berichterstattung zum Freiwilligenengagement an den traditionellen Rollenverteilungen orientierten: „Da ist es eben die Frau, die pflegt und verpflegt.“ Hier würden aber nicht nur Klischees bedient, sondern Frauen seien tatsächlich in diesen Bereichen vermehrt anzutreffen. Um Frauen zu einer Mitarbeit in einer Gewerkschaft zu motivieren, riet sie den anwesenden dbb Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern, sei es wichtig, authentisch zu sein: „Nur was innen glänzt, kann nach außen strahlen.“ Wenn man Frauen in verantwortungsvolle Posten bringen wolle, müssten als erstes auch die Strukturen der Gewerkschaften für Frauen ausgelegt werden, hob Schneiderwind abschließend hervor.

Der Leiter der Abteilung „Ältere Menschen, Wohlfahrtspflege, Engagementpolitik“ beim BMFSFJ, Dieter Hackler, stellte fest, dass das Ehrenamt nicht missbraucht werden dürfe, um staatliche Leistungen zu ersetzen. Es dürfe diese aber sinnvoll ergänzen. Schließlich sei der Sozialstaat geschichtlich aus sozialem ehrenamtlichem Engagement erwachsen. Als jahrelanger Beauftragter für den Zivildienst stellte er die Unterschiede zum geplanten Bundesfreiwilligendienst dar. Der Zivildienst habe durchaus auch einen Emanzipationsschub gebracht, da hier Männer in Bereichen tätig sein mussten, die traditionell eher den Frauen zugerechnet würden. Beim Bundesfreiwilligendienst könne dies durchaus anders sein. Er sehe aber durchaus Möglichkeiten junge Menschen, z. B. über die Schulen, für Berufsfelder oder freiwilliges Engagement zu interessieren, welches nicht dem klassischen Rollenbild entspreche. Abgesehen von gewissen Grunddispositionen seien laut Hackler Rollenveränderungen im Freiwilligensektor durchaus möglich: „Wir müssen die Prozesse steuern: Anknüpfungspunkte für Männer und Frauen identifizieren und dann aktiv beeinflussen.“

Prof. Dr. Stefan Selke von der Hochschule Furtwangen University befasste sich mit der Tafelbewegung – mit gemeinnützigen Vereinen, die überschüssige Lebensmittel an Bedürftige Verteilen. Auch hier würden die Geschlechterrollen „gelebt“. Männer stünden an der Spitze, während Frauen die Lebensmittel ausgeben. Generell zum Thema Ehrenamt sehe er die Tafelbewegung, die in der Öffentlichkeit durchaus positiv wahrgenommen wird, durchaus kritisch. Es bestünde die Gefahr, dass hier existenzielle Daseinsfürsorge, auf die Bedürftige einen grundrechtlich verbrieften Anspruch hätten, in den Bereich der Freiwilligkeit verlagert würde. Der Staat entziehe sich hier seiner Verantwortung. Problematisch sei auch, dass dieses freiwillige Engagement der Tafeln keine Verlässlichkeit für die Bedürftigen biete, da es jederzeit wegfallen könne. Insgesamt sei das Ehrenamt zu einer Wirtschaftskraft geworden. Oft würden Berechnungen durchgeführt, um diese Kraft, die angeblich unbezahlbar sei, in Euro beziffern. Diese Entwicklung sehe er sehr kritisch.

Dank an die Frauenvertretungen

In ihrem Schlusswort dankte Helene Wildfeuer allen Anwesenden für ihr persönliches, freiwilliges Engagement innerhalb des dbb und in dessen Frauenvertretungen. Sie würden viel Zeit, Kraft und Energie für die Gestaltung unserer Gesellschaft aufbringen. „Im öffentlichen Dienst sind mehr als die Hälfte der Beschäftigten Frauen. Und die Zahl der weiblichen Beschäftigten steigt kontinuierlich. Wenn also die Zukunft des öffentlichen Dienstes in der Hand weiblicher Beschäftigter liegt, sollten dann nicht auch die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst, die sich für eben diese Beschäftigten einsetzen, dementsprechend aufgestellt sein?“ Das Netzwerk der dbb-Frauen müsse nach Einschätzung der Bundesvorsitzenden weiterwachsen und noch so lange bestehen bleiben, bis die Gleichstellung der Frauen nicht mehr Thema, sondern Tatsache sei: „Wir arbeiten dran, wer sonst!?“

 

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