dbb magazin 3/2024

Zollgesetze Reformen im Fokus Politisch stehen diverse Reformen an, die den Zoll betreffen – im Hinblick auf viele Vorhaben besteht allerdings noch Klärungsbedarf. Ein Überblick. Cannabislegalisierung: Der aktuelle Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium sieht vor: Cannabis ist dann legal, wenn es einen THC-Gehalt von zehn Prozent nicht überschreitet. „Wir blicken mit großer Sorge auf die Frage, wie wir das legale Cannabis vom illegalen trennen“, sagt BER-Zollamtsleiter Christian Böhm. Letztlich sei es nur möglich, dies durch einzelne Kontrolle festzustellen – und die bindet enorme Ressourcen, zumal von einem Anstieg von Cannabisprodukten im Versandhandel auszugehen ist. Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ befürchtet neue Schlupflöcher für Dealer und weist darauf hin, dass ursprünglich die Erhebung einer Verbrauchsteuer auf Cannabis angekündigt war. „Das würde sich als regelrechtes Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt erweisen“, warnt Thomas Liebel, Bundesvorsitzender des BDZ. EU-Zollreform: Eine von der EU-Kommission angekündigte Reform umfasst mehrere Vorhaben. Aktuell sind Einfuhren im Wert von unter 150 Euro zollfrei – zumindest in der Theorie. „Bis zu 70 Prozent der Sendungen sind unterfakturiert“, berichtet Böhm vor dem Hintergrund des in der Praxis oft festgestellten viel höheren Warenwerts beziehungsweise der Aufteilung von Bestellungen auf mehrere Pakete, um unter dem Grenzwert zu bleiben. Laut Entwurf soll die 150-Euro-Grenze wegfallen. Entsprechend würden alle Einfuhren zollpflichtig. Damit will die EU auch Wettbewerbsnachteile für heimische Firmen gegenüber Billigherstellern aus dem asiatischen Raum ausgleichen. Zollamtsleiter Böhm: „Ich begrüße das Vorhaben ausdrücklich. Klar ist aber auch, dass wir dann mehr Ressourcen im Prüfdienst brauchen, sonst erreichen wir nichts.“ Der BDZ befürchtet eine millionenfache Prüfung neuer Zollanmeldungen für Kleinstbeträge, die die Beschäftigten in den Zollämtern noch stärker belasten würde. Weiterhin sieht die Reform vor, dass Unternehmen sich selbst um die Zollanmeldungen kümmern. Derzeitig erledigen das in der Regel Versand- und Logistikunternehmen. Perspektivisch soll die Abgabe von Zollanmeldungen für einen Großteil der Unternehmen sogar komplett entfallen. Aus gewerkschaftlicher Sicht könnte der Vorschlag sinnvoll klingen, aber: „Es bringt nur etwas, wenn die Umsetzung bei den Unternehmen auch kontrolliert wird“, sagt Liebel. „Schon heute gibt es eine Vielzahl an Bewilligungen, das heißt Vereinfachungen für Unternehmen, welche die Hauptzollämter permanent kontrollieren müssen. Je mehr hier automatisiert ablaufen soll, desto mehr müssen die Zöllner vor und nach der eigentlichen Warenabfertigung prüfen.“ Mit einer Zolldatenplattform möchte die EU schrittweise alle nationalen IT-Strukturen der Zollbehörden ablösen. Eine OnlineUmgebung soll alle zollrelevanten Daten und Verpflichtungen bündeln. Das ist heute noch nicht der Fall: Importeure, Logistiker und Unternehmen müssen ihre Formalitäten in über 100 nationalen IT-Zollabfertigungsverfahren hinterlegen. Durch eine Vereinheitlichung von Zollverfahren, die die EU später auch einer eigenen Zollagentur übertragen will, soll mehr Transparenz in die Lieferketten kommen. Damit möchte sie Wirtschaftskriminalität effektiver bekämpfen und den Verbraucherschutz erhöhen. Die Zollgewerkschaft BDZ sieht die Vorschläge aus Brüssel kritisch: Die deutsche Zollverwaltung habe im Vergleich bereits sehr hohe Standards und mit dem Programm ATLAS auch eine taugliche, wenn auch ausbaufähige Software. Dahinter dürfe man nicht zurückfallen. Gegen die Fortentwicklung von IT im europäischen Rahmen spreche nichts. Jedoch dürfe es nicht darauf hinauslaufen, dass die EU den Zollstellen der Mitgliedstaaten vorgibt, was und wie sie vor Ort zu kontrollieren haben. Felix Schirner © Anikka Bauer/Flughafen Berlin Brandenburg GmbH Vom Reisemitbringsel bis zur Luftfracht: Dem Zoll am BER geht die Arbeit nicht aus. FOKUS 17 dbb magazin | März 2024

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==