dbb magazin 11/2023

ausforderungen nicht alleinegelassen werden. Das sollte selbstverständlich sein. Wir erwarten aber noch mehr: Der Staat sollte nicht nur handeln, wenn es schon brennt – er sollte auch mit gutem Beispiel vorangehen. Um es deutlich zu machen: Wenn der Staat von den Bürgerinnen und Bürgern mehr Klimaschutz einfordert, dann sollte die Feuerwehr nicht mit antiken qualmenden Dieseln aus der zugigen Wache ausrücken müssen. Die Menschen wollen einen funktionierenden und handlungsfähigen Staat – in Zeiten großer Veränderung mehr denn je.“ Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSUBundestagsfraktion, stellte die Migrationspolitik in den Fokus seines Impulses. „Wir stehen bei der Migration vor einer Herausforderung, die den gesamten Kontinent betrifft. Hier stellen sich zwei Fragen: Was ist humanitär notwendig und was ist gesellschaftlich leistbar? Wir brauchen eine gemeinsame Antwort, die sich zwischen diesen zwei Polen bewegt. Was gesellschaftlich leistbar ist, hängt auch davon ab, wie gut uns die Integration gelingt. Die aktuellen Vorfälle in Berlin zeigen uns, dass die Integration nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben.“ Integration bedeute nicht Assimilation, sondern „ein Bekenntnis zu unseren Werten. Darum sollten wir den Diskurs in der Gesellschaft stärken, um die Herausforderungen und Transformationen in dieser Gesellschaft zu bewältigen. Denn dort, wo es keinen öffentlichen Diskurs gibt, entsteht Polarisierung.“ Heiko Knopf, stellvertretender Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, nutzte seinen Impulsvortrag für ein leidenschaftliches Plädoyer für die EU. „Europa ist nicht das Problem, sondern die Antwort auf all die Herausforderungen, die mit der anstehenden Transformation von Staat und Gesellschaft verbunden sind“, so Knopf. Ausdrücklich dankte der Grünen-­ Vize den Beamtinnen und Beamten in Deutschland, ohne deren Leistungsbereitschaft die schon erreichten Transformationserfolge unmöglich gewesen seien. Gleichzeitig müsse aber die Politik dafür sorgen, dass der öffentliche Dienst auch in Zukunft leistungsfähig bliebe. Knopf: „Wir brauchen einen starken Staat und eine starke EU, nicht als ,Bad Banks‘ für Aufgaben, die wir selbst nicht erledigen wollen, sondern als nachhaltige Gestalter der Zukunft.“ „Konstruktiver Wutausbruch“ Einen „konstruktiven Wutausbruch“ nannte Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, seinen Impulsvortrag auf dem Europäischen Abend. Er sehe die Deutschen momentan von Alpträumen erdrückt und treffe auf Auslandsreisen immer wieder auf Menschen, die von einer Immigration nach Deutschland träumten. Sie blickten mit Hoffnung auf Freiheit, Menschenrechte, diverse Lebensentwürfen und die sich bietenden Perspektiven für Kinder und Enkel Richtung Deutschland. „Diesen Traum müssen wir wieder lernen!“, forderte Roth. Er erinnerte an die jungen Demokratien, die sich wie Armenien nur schlecht gegen mächtige, autokratische Nachbarstaaten zur Wehr setzen könnten und die zu wenig Unterstützung durch die EU erführen, weil Länder wie Aserbaidschan eben auch reich an Energie seien. „Es muss uns alle antreiben, dass wir energieunabhängig werden und unsere Freiheit erfolgreich verteidigen.“ Viele junge Gäste interessierten sich für die Transformation der Europäischen Union. Thorsten Frei Heiko Knopf INTERN 29 dbb magazin | November 2023

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