dbb magazin 3/2023

VORGESTELLT Netzwerk Junge Bürgermeister*innen Frischer Wind für die Kommunen Im September 2019 wurde das Netzwerk Junge Bürgermeister*innen in Bad Soden-Salmünster zunächst als loser Verband aus der Taufe gehoben. Die darin organisierten mittlerweile 750 jungen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister waren bei ihrer letzten Wahl alle jünger als 40 Jahre. Im Juni 2022 wurde das Netzwerk dann zum Verein, um die Arbeit weiter zu professionalisieren. Das Ziel: eine andere, junge Sicht auf kommunale Verwaltung und Kommunalpolitik zu etablieren und im Netzwerk neue Ideen und frische Konzepte auszutauschen. Michael Salomo ist Bundesvorsitzender und Sprecher des Netzwerks. Seit 2014 ist er Oberbürgermeister der Stadt Heidenheim an der Brenz und sagt: „Als ich 2014 mit 24 als Deutschlands jüngster amtierender Bürgermeister gestartet bin, war es mir ein Anliegen, eine überparteiliche Institution junger Kolleginnen und Kollegen zum Ideenaustausch und als Interessenvertretung gegenüber staatlichen Institutionen zu etablieren. Schließlich beschäftigen sich die Kommunalverwaltungen unmittelbar mit den Bedürfnissen der Menschen vor Ort.“ Die 1. stellvertretende Bundesvorsitzende Julia Samtleben, Bürgermeisterin der Gemeinde Stockelsdorf, ergänzt: „Mir gefällt, dass das Netzwerk überparteilich und überregional ist. Wir inspirieren uns gegenseitig – hat jemand eine gute Idee, greifen andere sie auf. Leider gibt es nur wenige junge Frauen, die Bürgermeisterinnen werden. Frauen werden immer noch gefragt: ‚Und wer kümmert sich um die Kinder?‘ Wir werden auch vielfach heftiger angegangen als die Männer – und sehr oft unter der Gürtellinie. Da ist es gut, sich auszutauschen, wie man damit umgeht.“ Der inoffizielle Titel „Deutschlands jüngste Bürgermeisterin“ ist mittlerweile übrigens nach Thüringen gegangen. Am 12. Juni 2022 wurde in der Gemeinde Oechsen im thüringischen Wartburgkreis Sina Römhild im Alter von 24 Jahren und fünf Monaten zur neuen ehrenamtlichen Bürgermeisterin gewählt. Die parteilose Verwaltungswirtin arbeitet hauptberuflich im Landratsamt des Wartburgkreises. Aufgrund der rechtlichen Vorkenntnisse, die ihre Arbeit mit sich bringt, hatte sie sich überhaupt erst entschieden, als Bürgermeisterkandidatin anzutreten. Dass den Titel eine junge Frau innehat, passt zum Trend, denn während sich unter allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Republik nur rund zehn Prozent Frauen finden, sind es bei den allerjüngsten mehr als 40 Prozent mit aktuell fünf Frauen und sieben Männern. Es gibt viele gute Gründe, sich im dem sehr erfolgreich arbeitenden Netzwerk zu engagieren. Neben Fachkonferenzen, Jahrestagungen und Mitgliederversammlungen suchen die jungen Kommunalpolitikerinnen und -politiker auch Partnerschaften mit dem europäischen Ausland. Und sie schauen dort auch vorbei, wie zum Beispiel im September 2022 bei Kolleginnen und Kollegen in Wien. Darüber hinaus geben sie das Magazin „WirKommunalen“ heraus, unterhalten einen Podcast und pflegen kommunale Partnerschaften in Deutschland und der EU. In diesem Rahmen setzt sich das Netzwerk gemeinsammit dem jungen Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fedorow, aktuell besonders dafür ein, dass ausgewählte ukrainische Städte und Kommunen Partnerkommunen in Deutschland finden. Fedorow ist überzeugt, dass die Zusammenarbeit auf der Ebene der Bürgermeister ukrainischer und europäischer Städte und Gemeinden entscheidend für den zukünftigen Wiederaufbau der Ukraine und ihrer Kommunen nach dem Krieg sein wird. Aber es geht ihm ummehr. In „WirKommunalen“ schrieb er: „Heute geht es vor allem um Solidarität und Wiederaufbau, in Zukunft aber um gegenseitiges Interesse und fruchtbaren Austausch.“ Zuletzt fand im Januar 2023 ein Treffen ukrainischer, polnischer und deutscher junger Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Breslau statt. Vom Austausch profitieren auch junge Bürgermeister in Deutschland, wie Stephanie Rikl, Bürgermeisterin von Ostritz, erklärt: „Vom Netzwerk Junge Bürgermeister*innen erhoffe ich mir Impulse für meine Arbeit. Die spannendste Frage, die mich als relativ frisch gewählte Bürgermeisterin beschäftigt, ist, wie ich trotz des täglichen Geschäfts die ‚großen Ziele‘ und deren Umsetzung nicht aus den Augen verliere. Ein Netzwerk, das sich gegenseitig trägt und regelmäßig austauscht, halte ich vor allem auch in Hinblick auf die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen für unverzichtbar.“ Manuel Friedrich, Bürgermeister der Stadt Obertshausen, findet, dass „die Herausforderungen unserer Zeit komplexer werden und intelligenter, moderner und ganzheitlicher Lösungen bedürfen. Die junge Generation an Bürgermeister*innen steht hierfür bereit. Das Netzwerk ist eine super Plattform, um gemeinsam Lösungen und Ideen zu entwickeln und sich hierüber auszutauschen. Ich schätze das Netzwerk sehr.“ br Jahrestagung des Netzwerks im September 2022 mit Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine © NJB/Liesa Johannsen, Photothek 18 FOKUS dbb magazin | März 2023

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