dbb magazin 5/2022

FRAUEN Frauen in MINT-Berufen: IAB-Studie „Should I stay or should I go?“ „Weibliche Vorbilder am Arbeitsplatz sind wichtig“ Heute schließen dreimal mehr Frauen als noch vor 20 Jahren ein Studium in den Fachbereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) ab. Trotzdem sind weibliche Fachkräfte seltener in den klassischen technischen Berufen tätig als Männer. Anica Kramer und Judith Hild sind im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf die Suche nach den Ursachen gegangen. Im Interview sprechen sie über die Entstereotypisierung von Berufsbildern, „weibliche“ Motive bei der Berufswahl und geben Tipps, wie der öffentliche Dienst die eigene Fachkräftelücke im technischen Bereich schließen könnte. In den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) waren weibliche Studierende jahrzehntelang deutlich in der Unterzahl. Hat sich der Anteil an MINT-Absolventinnen in den vergangenen Jahren weiterentwickelt? Anica Kramer: Bereits seit 15 Jahren beobachten wir einen konstanten Anstieg der Zahl an MINT-Absolvent*innen. 2020 gab es doppelt so viele MINT-Absolvent*innen wie noch 2005. Dabei gilt die positive Entwicklung der Absolvent*innenzahlen nicht nur für Männer. Denn die Zahl der Absolventinnen ist in gleichemMaße gestiegen wie die der Absolventen. Diese Entwicklung führt allerdings dazu, dass der Anteil der MINT-Absolventinnen seit 2005 nahezu konstant ist – auch wenn heute mehr Frauen ein MINTStudium abschließen als je zuvor. Der Frauenanteil unter MINT-Absolvent*innen ist also seit vielen Jahren konstant. Wie sieht es denn nach dem erfolgreichen Studium aus? Wieso ist die Übergangsrate vonMINT-Studium in einenMINT-Beruf bei Frauen geringer als bei Männern? Judith Hild: Das ist eine interessante Beobachtung. Wir haben anhand einer Analyse von Daten des sozioökonomischen Panels festgestellt, dass der Anteil von Frauen, die in den ersten fünf Jahren nach Abschluss ihres MINT-Studiums in MINT-Berufen arbeiten, signifikant geringer ist als der Anteil von Männern. Fünf Jahre nach Abschluss des Studiums haben 70 Prozent der Männer in einemMINT-Beruf gearbeitet, aber nur 56 Prozent der Frauen. Das ist ein Unterschied von 14 Prozentpunkten. Wenn man die Bestrebungen von Politik, Universitäten und Fachhochschulen sowie Unternehmen durch Initiativen wie beispielsweise „Komm, mach MINT“ oder „Girls’Day“ bedenkt, ummehr Frauen und Mädchen für MINT-Themen oder ein Studium zu begeistern, stellt sich die Frage nach weiteren wichtigen Faktoren dafür, dass Frauen nach einemMINT-Studium dann tatsächlich auch in MINT-­ Berufen arbeiten. Anica Kramer: Diese Faktoren lassen sich mit unseren Daten leider nicht identifizieren. Die Studienlage dazu ist allgemein noch sehr dünn, doch es gibt schon eine Handvoll Forscherinnen und Forscher, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. Model Foto: Phovoir/Colourbox.de 30 INTERN dbb magazin | Mai 2022

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